Konzert von Max Herre bei "on tape":Deutschrap in den besten Jahren

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Max Herre ist mit "Hallo Welt!" eine erwachsene Annäherung an den hiesigen Hiphop gelungen, eine stilvolle Erweiterung nach oben. Am 30. August gab er ein Konzert vor 200 Gästen in Berlin. Hier zu sehen in der Aufzeichnung von "on tape" bei Süddeutsche.de.

Max Scharnigg

Klar, es gibt Altrocker und Altpunks, aber für einen Rapper ist es hierzulande noch eine ziemliche Pioniertat 40 Jahre oder sogar noch älter zu werden. Nicht viele haben diese Erfahrung während ihrer aktiven Zeit gemacht und man weiß also noch nicht so genau, wie das klingt, Deutschrap von Männern in den besten Jahren. Dank Max Herre aber kann man es sich nun vorstellen, er feiert nächstes Jahr eben jenen runden Geburtstag und er hat seine musikalischen Ausflüchte in Soul und Reggae schon hinter sich gebracht.

Für den Stream bitte auf das Bild klicken. "on tape" ist eine Koproduktion von tape.tv mit ZDF.Kultur

Jetzt rappt er also wieder, der Mann, bei dem immer noch fast jeder, der in den 90er-Jahren jung war, erstmal an die Buchstabenfolge A-N-N-A denken muss. Sein neues Album mit dem plakativen Titel "Hallo Welt!" (Universal) ist tatsächlich eine erwachsene Annäherung an den hiesigen Hiphop geworden, es klingt als ob jemand nach einer weiten Reise wieder in die Heimatstadt zurückgekommen ist, angereichert mit Weltläufigkeit und mit gesunder Sicht auf die Dinge.

Dieses Selbstbewusstsein zeigt sich auch an dem guten Dutzend illustrer Gäste, das Herre auf seine dritte Soloplatte eingeladen hat und unter denen mit der Schweizer Songwriterin Sophie Hunger vielleicht die interessanteste Kollaboration entstanden ist - mit Piano und viel Gefühl macht sie den Song "Berlin-Tel Aviv" zu einem der Höhepunkte dieses abwechslungsreichen Albums. Auch wenn er markante Sänger wie Aloe Blacc oder Philip Poisel einbindet, geschieht das sehr smart und fernab jener verkrampften Hiphop-Egoismen, mit denen sich jüngere Kollegen rumschlagen müssen.

Nein, Herre sucht sich wieder einen neuen Freundeskreis, mixt die Stile immer im Dienste eines sympathischen Flows und beweist dabei ein genreübergreifend gutes Händchen. Smooth Hiphop, Rapchansons, wie immer man dazu sagen möchte, es ist jedenfalls familientauglich, aber nicht langweilig. Natürlich ist es insgesamt ein ziemlich cleaner oder eben auch altersmilder Sound, versöhnlich und gutmütig - der Architektensohn aus Stuttgart wird mit seinem kleinen Comeback bestimmt nicht noch mal an der großen Stellschraube des Hiphop drehen. Aber das macht nichts, entscheidender ist, dass Max Herre dem Genre tatsächlich eine stilvolle Erweiterung nach oben beschert hat, er rappt heute auch für Menschen, die eigentlich keine Rapmusik hören.

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