Konzert, Film und Vortrag:Eine Kantate gegen Krieg und Hass

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"Die Apokalypse" des Münchner Komponisten Karl Feilitzsch wird zum ersten Mal seit 1958 wieder aufgeführt

Von Oliver Hochkeppel, München

Den Namen Feilitzsch kennt man als Münchner - weil man unweigerlich durch die Feilitzschstraße läuft, wenn man in Schwabing unterwegs ist. Als Musikkenner denkt man dann an den Komponisten Karl Feilitzsch (geboren als Carl Ludwig Gustav Freiherr von Feilitzsch), benannt ist die Straße freilich nach seinem Vorfahren Maximilian Alexander Freiherr von Feilitzsch, der bis zu seinem Tod 1904 bayerischer Staatsminister des Inneren war. Um das Andenken an Karl Feilitzsch, einen der wichtigsten hiesigen Komponisten des 20. Jahrhunderts, ist es nicht so gut bestellt. Was man schon daran sieht, dass seine Komposition "Die Apokalypse", die er selbst für sein Hauptwerk hielt, 1958 zum letzten Mal öffentlich aufgeführt wurde. Feilitzsch harrt also einer Wiederentdeckung - was nun ein multimedialer Apokalypse-Abend im Herkulessaal mit Vortrag, Konzert und Filmvorführung leistet. Dass dies im Rahmen der Veranstaltungen zum 100. Jahrestag vom Ende des Ersten Weltkriegs geschieht, ist kein Zufall, sondern liegt im Charakter des Werks wie seines Schöpfers begründet.

Die Musik von Karl Feilitzsch verwendete Gisbert Hinke für seinen Kurzfilm "apocalypse", der 1958 in Venedig ausgezeichnet wurde. (Foto: Archiv Wallwitz)

1901 geboren, gehörte Feilitzsch als Walterhausen-Schüler zur sogenannten Münchner Schule, der man auch Richard Strauss, Alexander Ritter, Ludwig Thuille, Max von Schillings oder Fritz Neff zurechnet. Noch während des Studiums gelang ihm 1928 mit seiner ersten Oper "Die rote Fackel" der künstlerische Durchbruch. An der Münchner Akademie für Tonkunst war seine Anstellung fest geplant - bis er 1935 von den Nationalsozialisten vor die Tür gesetzt wurde. Tatsächlich war Feilitzsch unter anderem mit dem jüdischen Kapellmeister Otto Schulmann befreundet und schloss sich 1939 einer Widerstandsgruppe um Eugen Polzin an. Dramatischen Konsequenzen nach ihrer Enttarnung entging er durch den Tarneintritt in die NSDAP und den Kriegsdienst an der Ostfront.

Karl Feilitzsch (1901 bis 1981), gehörte zu den herausragenden Komponisten der sogenannten Münchner Schule. Sein Hauptwerk „Die Apokalypse“ geriet dennoch in Vergessenheit. (Foto: Archiv Wallwitz)

Zusammen mit seinem Übertritt zum Katholizismus 1944 wurden diese Erfahrungen zur Grundierung seines Schaffens nach 1945. Friedensbewegt kann man seine Musik nennen, gerade weil er nicht nur Opern und klassische Werke, sondern auch fürs Kabarett (unter anderem für die "Schaubude"), fürs Theater (Brechts "Mutter Courage" an den Kammerspielen) oder für Werbe- und Industriefilme komponierte. Ganz besonders trifft das natürlich auf die Jazz-Kantate (wie Feilitzsch sie selbst nannte) "Die Apokalypse" zu, die 1949 entstand und damals vom Bayerischen Rundfunk als "Musik gegen den Krieg" gesendet wurde. Biblische Texte aus der Johannes-Offenbarung werden zu einer musikalischen Anklage gegen Krieg, Hass und Umweltzerstörung. Sein Bekenntniswerk ist natürlich kein Jazz im Sinne von improvisierter oder swingender Musik. Doch die scharfe Instrumentierung mit Bläsern, nur zwei Bässen als Streicher, Schlagzeug und "harten Sprechern" (so Feilitzschs Anweisung für die Sänger und Rezitatoren) erzeugt moderne, düstere Klangwelten. 1973 überarbeitete Karl Feilitzsch, der 1981 starb, das Werk noch einmal, ohne dass es je wieder gespielt worden wäre. Diese Fassung wird nun von Instrumentalisten des Orchesters KlangVerwaltung unter der Leitung des jungen Dirigenten Patrick Hahn und mit prominenten Sprechern und Sängern wie Stefan Wilkening und Christian Rieger uraufgeführt.

Davor gibt es eine weitere spektakuläre Neuentdeckung: Gezeigt wird die von Alpha-Omega aufwendig restaurierte Fassung des Kurzfilms "Apokalypse", der 1958 bei der Biennale in Venedig ausgezeichnet wurde. Gisbert Hinke, der später eindrucksvolle Dokumentarfilme drehte, kombinierte darin die Johannes-Offenbarung und die Musik von Feilitzsch mit bewegenden Bildern vom Verlust der Menschlichkeit.

Apokalypse, Sonntag, 11. November, 18 Uhr, Herkulessaal, Residenzstraße 1

© SZ vom 10.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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