Ein seltsamer Anblick bot sich da vor einigen Wochen im Tieranatomischen Theater in Berlin. "Schädel X" hieß die Performance, es handelte sich um das Re-Enactment eines dunklen Kapitels deutscher Wissenschaftsgeschichte. Vor den Augen des Publikums sägte und bohrte Konradin Kunze vom Performance-Kollektiv Flinnworks an einer Schädelattrappe und erzählte dabei die Geschichte eines kolonialen "Rasseschädels" aus Namibia. Kunzes Performance knüpfte an eine aktuelle Debatte an: Tausende Gebeine wurden während der Kolonialzeit zu Forschungszwecken nach Deutschland gebracht. Seit Jahren fordern Herkunftsgemeinden und Aktivisten deren Rückgabe. Der Kolonialismus war die Blütezeit der deutschen Rasseforschung. Beseelt von den Theorien Charles Darwins machten sich deutsche Wissenschaftler auf die Suche nach "Urrassen" und etablierten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Anthropologie zur Erforschung des Menschen als Gattung. Dazu brauchten sie menschliches Untersuchungsmaterial aus allen Weltgegenden.
Kolonialgeschichte:Schädelstätten
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Namibianischer Salut in der Berliner Charite vor menschlichen Überresten, die zurückgegeben werden.
(Foto: Axel Schmidtdapd)In deutschen Museen liegen Gebeine von Verstorbenen aus den einstigen Kolonien. Manche Überreste wurde schon zurückgegeben. Es könnten viel mehr sein.
Von Anna Lea Berg
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