Kleinkunst:Keine Kinder von Traurigkeit

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Claudia Schuma und Irene Weber finden, dass Sex auch seine komischen Seite hat. "Na?! - Flirten für Fortgeschrittene" heißt ihr bereits viertes Programm

Von Oliver Hochkeppel

Über beste Freundinnen wird gerne gelästert. Doch seit sich die Frankfurterin Claudia Schuma und Irene Weber vom Niederrhein nahe der niederländischen Grenze beim Schauspielstudium in Ulm kennenlernten, sind sie tatsächlich unzertrennlich. Sie gingen zusammen nach München, probierten vom freien Theater bis zu Synchronsprechen dieselben Jobs aus, wurden sogar mit nur wenig zeitlichem Abstand Mutter. Und machen seit 2010 als "Die Puderdose" auch zusammen Kabarett. Eines der besonderen Art, "Kabarett mit Kopulationshintergrund" könnte man sagen, denn ihre Nische ist der Sex in allen Facetten und aus konsequent weiblicher Sicht. Etwas, an das sich bislang nur wenige Frauen herantrauten. Mit "Na?! - Flirten für Fortgeschrittene" stellen sie im Schlachthof bereits ihr viertes Programm vor.

Angefangen hat alles mit Lesungen, die zunächst einer der vielen Notnägel waren, mit denen sich die beiden nach dem Studium über Wasser hielten. "Wir hatten ja die fixe Idee, dass man hier auf uns warten würde. Aber ohne Leute, Netzwerk und VitaminB bekommst du kein Engagement", erinnert sich Schuma. "Also haben wir freies Theater gemacht. Die freie Szene um 2005 in München, das war ganz schlimm," ergänzt Weber, "für das Theater, was wir damals gemacht haben, schäme ich mich noch heute." In dieser Zeit kam das Angebot eines Neuhausener Buchhändlers gerade recht, Lesungen besonderer Art zu machen. "Um sich gegen Hugendubel und Co überhaupt über Wasser zu halten - inzwischen hat er wie so viele den Kampf gegen Amazon verloren - hatte er in seiner kleinen, süßen Buchhandlung ein Hinterzimmer mit erotischer Literatur."

Beste Freundinnen und Bühnenkolleginnen: Claudia Schuma und Irene Weber (v. l.). (Foto: Verena Gremmer)

So begannen Schuma und Weber, vom Auftraggeber ausgewählte Sachen vorzutragen. "Das war extrem seltsam, wir waren ja total unbeleckt, konnten nicht immer ernst bleiben und sind auch gerne mal knallrot angelaufen." Doch die von barocker Minne bis zu hard-boiled Porno der Siebziger gespannten Abende wurden rasch ein Geheimtipp, der nicht geheim blieb. Bald machten sie drei Lesungen am Stück, um den Andrang zu bewältigen. Am Amüsement der Leute erkannten sie, dass offensichtlich Bedarf bestand, über das Thema Sex zu lachen, um die allgemein vorhandenen Berührungsängste zu mildern.

Also dachten sie sich: Da könnte man etwas auf der Bühne daraus machen. Ebenso schnell war ihnen klar, dass sie das mit eigenen, nicht mit Fremdtexten machen wollten. "Wir sind ja keine Kinder von Traurigkeit, wir haben eine Menge zu erzählen." 2010 begannen sie in der Drehleier mit ihrem "Spaß für Erwachsene". Es folgten "Schatz, gib mir Tiernamen" und das erweiterte Best-of "Mix-Vorlage". Wichtig war ihnen stets, auch noch mit vergleichsweise krassen Sachen charmant und respektvoll umzugehen. Allerdings hatten sie die Zugkraft ihres Konzepts ein wenig überschätzt: "Man sagt immer ,sex sells', aber mit Sex kannst du gut Margarine verkaufen, Sex selbst aber kannst du gar nicht so gut mit Sex verkaufen." Locker lassen die beiden aber auch nach ihren Babypausen nicht, dazu macht es zu viel Spaß. "Es kommen ja auch immer neue Perspektiven und Herausforderungen dazu", sagt Schuma. Zum Beispiel komponierten sie diesmal ihre Songs selbst, begleitet werden sie live vom Pianisten Anton Waas. Alte Bekannte wie die beiden schwedischen Blondinen oder die Russin Olga sind wieder mit von der Partie, bei der wirbelnd und hochmusikalisch jedes eindeutig zweideutige Thema für handfestes Flirten vereinnahmt wird.

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Die Puderdose , Mittwoch und Donnerstag, 30. November und 1. Dezember, 20 Uhr, Wirtshausbrettl im Schlachthof, Zenettistraße 9

© SZ vom 30.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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