Klassik-Konzert:Sturm und Drang

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Das Goldmund Quartett in der Allerheiligen Hofkirche

Von Rita Argauer, München

In dem Alter, in dem normal rebellierende Jugendliche überhaupt nicht normal sein wollen und das in Musik ausdrücken möchten, gründen sie in der Regel Punkbands. Das Münchner Goldmund Quartett wurde ebenfalls von Pubertierenden gegründet, als sich dessen Mitglieder als Teenager 2009 im Jungstudium an der Münchner Musikhochschule kennenlernten. Jetzt, mit Mitte 20, sind die Musiker zu einem ausdifferenzierten Klangkörper zusammen gewachsen, dessen Sturm-und-Drang-Phase jedoch noch nicht vorbei ist.

In der Allerheiligen Hofkirche macht sich das bei Haydn ziemlich gut. Dessen G-Dur-Quartett, op. 77/1, beginnen sie hinreißend warm, mit federnder Eleganz, die fast ein bisschen spöttisch die strenge musikalische Form mit der arroganten Beiläufigkeit der Jugend versieht. Denn die versteht sich eben sowieso noch besser aufs Drama und dem nähern sich die Musiker im zweiten Satz: Da liegt subtil eine Ernsthaftigkeit unter der Musik; ausgesprochen nuancenreich gestaltet und in Klängen, die ab und an auch über die Konvention hinausreichen, etwa ein schales Surren im Menuett, bevor im Finale wieder die elegante Oberfläche dominiert.

Eine ähnlich überzeugende Arbeit gelingt ihnen auch in Beethovens C-Dur-Quartett, op. 59/3. Der zweite Satz birgt präromantisches Leid, dessen Tempo als Andante-quasi-Allegretto übersetzen sie, in dem sie nicht davonrennen, aber dennoch das Gefühl bleibt, dass ihnen irgendetwas im Nacken sitzt, bevor in schönster Form und mit diesem speziell weichen, beiläufigen und ein bisschen arroganten Klang das Finale anschließt. Einzig bei Alban Bergs formal gelockertem und tonal expressiverem Streichquartett op. 3 mag das Gefühl der Musiker noch nicht ganz ankommen. Bergs aussagereiche Tonschleifen drücken sie zu jedem möglichen Höhepunkt, den die Musik bietet - virtuos ist das, und die Akkorde bringen sie zum Brennen damit. Doch eine so differenzierte Aussage wie in der Klassik gelingt ihnen da nicht.

© SZ vom 17.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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