Kino: "Wüstenblume":Alles wie im Märchen

Lesezeit: 1 min

Wenig Spannung zwischen Leidensgeschichte und sexbesessener Fashion-Glamour-Welt: "Wüstenblume", der Film nach den Erinnerungen von Waris Dirie.

Susan Vahabzadeh

Es steckt ein wenig von Aschenputtel in dieser Geschichte - allerdings macht der Prinz nur Fotos, und die neue Schwester ist eher so eine Art kichernde gute Fee. Waris (Liya Kebede) ist obdachlos, als sie sich an Marilyn (Sally Hawkins) dranhängt, kann nicht nach Somalia zurück und hat nichts. Und dann wird sie als Model entdeckt von einem Fotografen, den Timothy Spall so schrullig-liebenswert spielt wie einen verwunschenen Frosch. Alles wie im Märchen.

Die Szenen, in denen Waris Vertrauen schöpft, familiäre Bindungen in London knüpft, sind die schönsten in Sherry Hormanns Film "Wüstenblume", Erholungsinseln in der fürchterlichen Geschichte der echten Waris Dirie.

Die kam, im Leben und im Film, als ganz junges Mädchen aus Somalia nach England, geflüchtet vor einer Zwangsheirat, wurde als Topmodel entdeckt vom legendären britischen Fotografen Terence Donovan (der Pate stand für Spalls Filmfigur), war das erste farbige Model auf einem Vogue-Cover, erzählte ihr Schicksal im Bestseller "Wüstenblume" - sie wurde, wie fast alle somalischen Frauen, als Kind in einem grausamen Ritual beschnitten, das sie selbst nur knapp überlebte und das jedes Jahr Millionen Frauen einen Teil ihres Lebens, wenn nicht das ganze Leben kostet. Dirie engagiert sich gegen Genitalverstümmelung, war gar ein paar Jahre lang UN-Sonderbotschafterin.

Aus dem perversen Spannungsverhältnis zwischen Diries eigener Leidensgeschichte und der sexbesessenen Fashion-Glamour-Welt, die sie zum Star macht, hält Hormanns Film sich weitgehend heraus. Die Zwitterhaftigkeit zwischen Mädchenkomödie und Aufklärungsdrama ergibt aber Sinn. Waris Dirie ist nicht die Erste gewesen, die die Genitalverstümmelung afrikanischer Frauen angeprangert hat - das haben auch schon der französische Arzt Gérard Zwang und Benoîte Groult in den Siebzigern versucht; aber Waris Dirie zuzuhören ist natürlich schöner.

DESERT FLOWER, GB/D/A 2009 - Regie: Sherry Hormann. Buch: Sherry Hormann, basierend auf dem Buch von Waris Dirie. Kamera: Ken Kelsch. Mit: Liya Kebede, Sally Hawkins, Timothy Spall. Majestic/Fox, 120 Minuten.

© SZ vom 24.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: