Kammerkonzert:Tiefen ausloten

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Die Münchner Philharmoniker verbinden Literatur und Musik

Von Rita Argauer, München

Es entsteht ein Gegensatz, wenn Musik gleichzeitig zu ihrem abstrakten Dasein etwas sehr Konkretes erzählen will. Die Gefahr einer seltsam illustrativen Nebenfunktion, in die die Musik dadurch gedrängt werden kann, ist dabei groß. Doch die Münchner Philharmoniker haben nun ein Kammerkonzert als Erzählstunde verkleidet, in dem genau dieser Gegensatz zum Thema gemacht wird.

In der ersten Hälfte begegnen sich im Künstlerhaus am Lenbachplatz das Quintett für Harfe und Streichquartett des als Komponist weit weniger bekannten Schriftstellers E.T.A. Hoffmann und Beethovens Streichquartett op. 74, das "Harfenquartett". Es ist fast ein bisschen gemein, Hoffmann und Beethoven so aufeinander prallen zu lassen. Die beiden Künstler mit den fast gleichen Lebensdaten unterscheiden sich in ihrer Musik doch sehr. Während der in seinen Texten psychologisierend-mystische Tiefen auslotende Schriftsteller in seiner Musik einer damals schon vergangenen Eleganz nachhängt, ist Beethovens Quartett ein einzigartiger Strudel an musikalischer Verschachtelung von Formvollendung und gleichzeitiger Destruktion. Und genau so spielen das die großartigen Musiker Bernhard Metz und Clément Courtin an den Geigen sowie der Bratscher Konstantin Sellheim, Manuel von der Nahmer am Cello und die Solo-Harfenistin des Orchesters Teresa Zimmermann. Hoffmann leuchtet voll sattem Glanz, bei Beethoven gehen in mutiger Dynamik Tiefen auf, während die formal strenger gefassten Motive hier fast mit einem zitathaften Impetus gespielt werden - gewinnbringend für beide Stücke.

In André Caplets "Conte fantastique", das sich auf E.A. Poes "Die Maske des roten Todes" bezieht, dürfen anschließend sowohl die Lichtgestaltung (blutrot, natürlich) als auch SZ-Redakteur Egbert Tholl als Sprecher in der Melodram-Fassung des Stücks ganz reell mit erzählen. Die Musik ergibt dabei einen wohlig-schwankenden, doch nie plakativen Boden für Poes Schauer-Romantik.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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