Jugendkonzert:Russische Seele

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Die Philharmoniker und Denis Matsuev

Von Andreas Pernpeintner, München

Viel ist nicht zu verstehen von dem, was Valery Gergiev zu Beginn des Jugendkonzerts der Münchner Philharmoniker im Gasteig Moderator Andreas Korn ins Mikrofon raunt. Aber das kommt rüber: Rachmaninow habe wunderbare leise Melodien geschrieben, und die seien musikalisch nah an dem, was die "russische Seele" ausmache. Während man noch kurz über diese Sanftmut sinniert, strebt schon Denis Matsuev dem Flügel zu, um Rachmaninows viertes Klavierkonzert zu spielen.

Man kann nicht sagen, dass der stattliche Matsuev kein Fingerspitzengefühl habe. Er hat es und beweist das vor allem im Largo, dessen nachdenklichen Charakter er schön einfängt. Doch selbst hier hat bei ihm das Leise gewissen Biss. Sein dezidierter Grundklang ist ganz auf Präzision und kontrollierte Kraft ausgerichtet. Deutlich hört man die Melodielinien, doch schwelgerisch sind sie nicht; Matsuev formt sie aus markanten Einzelklängen. Das entspricht seiner Handschrift und überzeugt - scheint aber eine andere russische Seele zu sein als die angekündigte. Der Finalsatz ist dann rasant. Matsuev führt das Tempo an und liegt gegenüber dem Orchester zwischenzeitlich sogar in Führung. Der zweite Moderationsblock nach der Pause ist gewitzt konzipiert. Er gewinnt auch dadurch, dass sich Flötistin Gabriele Krötz kommunikationsfreudiger zeigt als ihr Chef und ihre Piccoloflöte wirkungsvoll vorführt. Ganz kurz entsteht anschließend bei Beethovens fünfter Symphonie der Eindruck, Gergiev und die Philharmoniker musizierten nicht bis in die letzte Nuance exakt. Doch die Irritation ist so klein wie kurz. Denn die Darbietung ist bestechend. Ganz besonders ist hervorzuheben, wie gekonnt Gergiev nie die adäquate metrische Stringenz verliert und dennoch reichlich Raum für dynamisch wie auch agogisch lebendig ausgeformte Details schafft.

© SZ vom 21.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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