Jubiläum:Offen für alles

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Der Jazzclub Regensburg feiert 30-Jähriges

Von Oliver Hochkeppel, Regensburg

Wenn deutsche Jazzclubs Jubiläen feiern, dann blicken sie meist auf ähnliche Stationen zurück: Die Einzelinitiative eines Jazzbegeisterten, die Gründung eines Vereins, die Wachstumsphase, schließlich der Kampf ums Erreichte. Ein gutes Beispiel hierfür ist der Jazzclub Regensburg, der in diesen Tagen sein 30-jähriges Bestehen feiert. Es gäbe ihn nicht ohne Winfried Freisleben und seine Frau Traudl. Beide sind echte 68er; als Asta-Mitglied wurde es für Freisleben wegen des Radikalenerlasses nichts mit dem Lehrerberuf, also eröffnete er 1983 eine Kulturkneipe, das "Einhorn", das bald zum Treffpunkt für freie Geister und die dazugehörige Musik wurde.

Das Ehepaar Freisleben schloss damals eine Lücke im Regensburger Kulturbetrieb: Der in den Siebzigerjahren von Richard Wiedamann betriebene Jazzkeller "Rabocil" war einem Hochwasser zum Opfer gefallen, und auch Uli Teichmann hatte seinen Jazzclub in Kneiting wieder schließen müssen. Dann holte Freisleben Leute wie Phil Minton, Alexander von Schlippenbach oder Peter Brötzmann nach Regensburg; auch Albert Mangelsdorff spielte mal in dem kleinen Laden. "Ich war ein kompletter Autodidakt, und in der Rückschau betrachtet ein totaler Ignorant. Ich habe gemacht, was mir Spaß gemacht hat", erinnert sich Freisleben. Dafür musste er auch ordentlich Lehrgeld zahlen - "wer einen Jazzclub aufmacht, muss verrückt sein", sagt er noch heute gern.

Also wurde 1987 der Verein Jazzclub gegründet, um solidere Strukturen und die Möglichkeit öffentlicher Förderung zu schaffen. Schon ein Jahr später kam der große Umzug: Vom "Einhorn", wo die Nachbarn über den "Lärm" klagten, ging es in den "Leeren Beutel", ein Sorgenkind des Eigentümers, der Stadt Regensburg. Der zum Kulturzentrum mit Veranstaltungssaal, städtischer Galerie, Kino und Restaurant umgebaute mittelalterliche Kornspeicher litt unter mangelnder Ausnutzung und dauerndem Pächterwechsel.

Aus bescheidenen Anfängen mit netten Anekdoten - so verlangte Traudl Freisleben einmal von dem ihr unbekannten Saxofonisten Steve Lacy ein Demoband, woraufhin die Antwort kam, sie könne sich ja im nächsten Laden eines von 30 bis 40 Lacy-Alben aussuchen - ist mittlerweile einer der wichtigsten deutschen Jazzclubs erwachsen: Gut 800 Mitglieder zählt der Verein; im Schnitt finden zwei Konzerte pro Woche statt und das Programm, um das sich seit langem ein Gremium kümmert, ist vorbildlich undogmatisch und offen für alle Stilrichtungen.

Vor allem die heimische Jazzszene steht im Mittelpunkt der Feierlichkeiten zum 30-Jährigen: Unter dem Motto "Jazz At It's Best" werden an diesem Freitag ausnahmslos Regensburger Formationen auf der Bühne stehen. Den Jubiläums-Abend am Samstag eröffnet die Sängerin Margot Gerlitz mit ihrer Band, bevor mit dem Pablo Held Trio eines der Aushängeschilder der jungen deutschen Jazzmusik aufspielt. Das Kölner Trio passt mit seiner Beweglichkeit und seinen stiloffenen Experimenten ideal in den Leeren Beutel, hat sich doch der Club, wie alle Beteiligten unterschreiben würden, seit jeher darum bemüht, musikalische Grenzen auszuloten und zu überschreiten.

© SZ vom 24.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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