Jelinek zum Literaturnobelpreis:"Mehr Verzweiflung als Freude"

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Die diesjährige Preisträgerin hat in einer ersten Reaktion die Auszeichnung mit Zurückhaltung aufgenommen. Sie wolle nicht zur "öffentlichen Person" werden und werde den Preis auch nicht persönlich in Empfang nehmen.

Die österreichische Schriftstellerin Elfriede Jelinek wird nach der Anerkennung des Literaturnobelpreise von gemischte Gefühlen heimgesucht. "Natürlich freue ich mich auch, da hat es keinen Sinn zu heucheln, aber ich verspüre eigentlich mehr Verzweiflung als Freude", sage sie am Donnerstag der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Sie wolle den Preis deshalb auch nicht persönlich entgegen nehmen. Sie eigne sich nicht dafür, "als Person an die Öffentlichkeit gezerrt zu werden. Da fühle ich mich bedroht", sagte Jelinek.

So richtig freuen mag sie sich über den Literaturnobelpreis (bisher) nicht: Elfriede Jelinek. (Foto: Foto: dpa)

Sie wolle sich zurückziehen und habe auch ihre letzten Auszeichnungen nicht persönlich in Empfang genommen. An ihrer Stelle solle die Chefin des Rowohlt Theaterverlages, Corinna Brocher, zur Preisverleihung nach Stockholm reisen.

Keine uneingeschränkte Freude

Nach eigenen Worten kann sich Jelinek nicht uneingeschränkt über den Preis freuen, weil sie nicht nur für ihre eigenen Verdienste, sondern auch als Frau ausgezeichnet worden sei. Die seit 1901 verliehene Ehrung ging bisher erst zum zehnten Mal an eine Frau, zuletzt 1996 an die polnische Dichterin Wislawa Szymborska.

Sie habe "böse Ahnungen", dass der Nobelpreis eine Belastung für sie bedeuten werde, sagte die Autorin. "Denn man wird zur öffentlichen Person." Jelinek betonte, ihrer Meinung nach habe die Auszeichnung keine Bedeutung für Österreich: "Ich bin zu dieser Regierung auf völliger Distanz. Und ich bin mir nicht sicher, ob sich alle, die sich jetzt mit mir freuen, auch wirklich freuen."

Unterdessen verriet der kaufmännische Geschäftsführer des Rowohlt Verlages, Helmut Dähne, auf der Frankfurter Buchmesse noch ein kleines Geheimnis: Jelinek wusste seit vergangenem Jahr, dass sie auf der Auswahlliste des Nobel-Komitees stand.

Kulturstaatsministerin Christina Weiss zeigte sich dagegen "begeistert über die unerwartete Entscheidung des Nobelpreiskomitees". Jelineks Texte seien "ein Sprachereignis, eine andauernde Herausforderung und eine gnadenlose Zumutung - im wahrhaftigsten Sinne", sagte die Staatsministerin der dpa. "In ihrer Konsequenz und Radikalität gehen sie weit über das Politische und Gesellschaftskritische hinaus."

Sie sei Jelinek in den vergangenen Jahrzehnten des öfteren begegnet. "Mal persönlich, mal rein geistig als Teilnehmer an einer Debatte, die durch ihre Texte ausgelöst wurde - als Literaturkritikerin besonders an der Debatte um das Buch "Lust"", sagte Weiss. "Später hatte ich dann als Hamburger Kultursenatorin das Glück, insgesamt vier Uraufführungen von Jelinek-Dramen miterleben zu dürfen."

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