Im Porträt:Lea Rosh

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Streitbare und oftmals siegreiche Publizistin und Mit-Initiatorin des Holocaust-Mahnmals in Berlin.

Petra Steinberger

Es gibt eine Menge Anekdoten über sie, und viele sind nicht besonders schmeichelhaft. Wie damals, als ihr Förderverein für das Holocaust-Mahnmal mit einem Plakat zu Spenden aufrief, auf dem zu lesen war: "Den Holocaust hat es nie gegeben" - vor Alpenlandschaft. Die Provokation ging nach hinten los. "Wer eigentlich", schrieb damals Michael Brenner, Professor für jüdische Geschichte in München, "hat Lea Rosh das Recht dazu gegeben, die Interessen der Holocaust-Opfer in der Öffentlichkeit zu vertreten?"

Lea Rosh an der Baustellle des Holocaust-Mahnmals in Berlin (Foto: Foto: dpa)

Naivität, Geschmacklosigkeit und Profilierungssucht warf er ihr vor. Oder jene Geschichte, sie habe ihren Namen so verändert, dass er jüdisch klinge. Als das einmal in einem Buch vorkam, ist sie sogar vor Gericht gezogen. Ihre Klage wurde abgewiesen. Lea Rosh, 1936 als Edith Renate Ursula Rosh in eine protestantische Berliner Familie geboren, hat es jedenfalls weder sich noch Deutschland leicht gemacht - und manchmal auch der jüdischen Gemeinde nicht -, wenn es ihrem Anliegen diente: den Holocaust nicht zu vergessen, die Schuld, die Opfer, die Täter. Das hat sie ausgedrückt in Büchern, in Fernsehdokumentationen wie "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland" (1990) und schließlich in ihrem 15-jährigen Kampf um ein Denkmal für die ermordeten Juden Europas.

Es war geradezu still geworden um das Mahnmal in Berlin. Doch jetzt gab es viel Aufregung um die Beteiligung der Firma Degussa, deren Tochterunternehmen einst das Giftgas Zyklon B für die Vernichtungslager hergestellt hatte. Das Kuratorium der Mahnmalsstiftung verkündete das Ende der Zusammenarbeit mit der Firma. Und obwohl eigentlich Bundestagspräsident Wolfgang Thierse Kuratoriumsvorsitzender ist, war es Lea Rosh als seine Stellvertreterin, die diese Entscheidung vertrat. Lange war sie beim NDR, hat Talkshows und Literatursendungen moderiert. Aber all das waren immer nur Jobs. Ihre wahre Passion lag woanders. Ohne Lea Rosh wäre das Mahnmal zweifellos nie entstanden - und deshalb führen ihr Leben und ihre Person immer dorthin zurück. Wie beim Streit um die Plakate. Oder in der anschließenden Debatte darum, ob Claudia Schiffers Stimme für Mahnmal-Spenden werben könne.

"Das Mahnmal kann nicht alle Bedürfnisse befriedigen", hat Lea Rosh einmal gesagt, als es ein Behindertenverband für schwer zugänglich hielt,"fünfzig Prozent des Stelenfeldes sind für Menschen mit Behinderungen zugänglich, das ist genug." Sinti und Roma sollten, meinte sie, besser eine separate Gedenkstätte erhalten. Ein Museum, wie es dem damaligen Kulturminister Michael Naumann in Synthese mit dem Mahnmal vorschwebte, gefiel ihr nicht, weshalb sie aus dem Vorstand der Stiftung Holocaust-Museum zurücktrat. Als der Architekt Peter Eisenman die Idee hatte, lieber Schiefer als Beton für seine Stelen zu verwenden, da kämpfte sie für Beton. Und als die Amerikaner nur andeuteten, mehr Platz für ihre Botschaft zu benötigen, möglicherweise auf Kosten des Mahnmalgeländes, war das für sie "eine absurde Idee". Sehr anstrengend mag sie sein. Aber gewonnen hat sie oft.

© SZ v. 28.10.2003 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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