Im Kino: "Hot Fuzz - Zwei abgewichste Profis":Vierhundertprozentige Aufklärungsquote

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Edgar Wright lässt einen Dorfpolizisten und einen Highspeed-Großstadtcop in bester US-Blockbuster-Manier aufeinander krachen: eine Ausschweifung ins Absurde, bis der Schwan schreit.

Rainer Gansera

Vom deutschen Zusatztitel "Zwei abgewichste Profis", der in Richtung Vulgärklamauk à la "Fantastic Movie" deutet, sollte man sich nicht irritieren lassen. "Abgewichst" ist hier gar nichts. "Hot Fuzz" ist virtuoses, erfindungsreiches Spiel mit Genres, beginnt wie eine skurrile britische Dorfkomödie, endet als knallige Parodie auf hollywoodeske Cop-Action-Movies und jongliert zwischendurch mit Versatzstücken von Miss-Marple-Krimis und Splatterfilmen. Mal stolpert ein Dorfpolizist in "Pop, Stolizei!"-Manier durch postkartenidyllisches Country-Green auf der Suche nach einem entflohenen Schwan, mal fliegen Autos durch die Luft wie in "Lethal Weapon". Und das Böse erscheint als Kapuzenmann, der seine Opfer köpft, stranguliert oder mit der obligatorischen Heckenschere durchbohrt.

2004 gelang dem jungen britischen Filmemacher Edgar Wright mit der hübsch versponnenen Zombie-Parodie "Shaun of the Dead" ein Überraschungshit. Nun hat er den Witz verschärft, das Tempo forciert und sich dem Buddy-Cop-Genre zugewandt, nach dem Motto: "Was passiert, wenn man es in der englischen Provinz krachen lässt wie in einem US-Blockbuster?"

Der vorsätzlich lachhafte Plot erzählt von einem überambitionierten Polizei-Sergeant in London, der seine Arbeit derart perfekt erledigt, dass seine Kollegen ihn schnellstens loswerden wollen: Nicholas Angel (Simon Pegg), Workaholic mit vierhundertprozentiger Aufklärungsquote und ruiniertem Privatleben, wird in ein verschlafenes Provinzkaff abgeschoben. Sandford hat die geringste Kriminalitätsrate Englands, alle Aktivitäten gelten dem Wir-sind-das-schönste-Dorf-Wettbewerb.

Action pur: Klickende Kugelschreiber

Von Anfang an überrascht Regisseur Edgar Wright mit einem comicartig zugespitzten Erzählstil: jede Szene eine Anekdote, jedes Bild ein Gag. Auftrumpfend oder subtil, je nach Lage der Dinge. In Sandford bricht sofort der Highspeed-Großstadtcop in Nicholas durch und er leert die Dorfkneipe, indem er alle Minderjährigen, an die Alkohol ausgeschenkt wird, nach Hause schickt. Er verhaftet (wegen Trunkenheit am Steuer) den Mann, Danny Butterman (Nick Frost), der sich anderntags als sein Kollege herausstellt. Mit ihm muss er auf Streife gehen, was bedeutet: flüchtige Ladendiebe und Schwäne jagen.

Aus einem raffinierten Geflecht von Kinoreminiszenzen und Motiv-Kontrasten entwickelt "Hot Fuzz" seinen mitreißenden Witz. Das Nicholas-Danny-Duo spannt in der Art eines Buddy-Movies die gegensätzlichsten Charaktere zusammen. Hier der Großstadtcop, "eine Mischung aus Mr. Spock, T-1000-Roboter und Dirty Harry" (Wright), dort der liebenswert trottelige, dicke Dorfpolizist, ein Fan von Cop-Thrillern wie "Point Break" und "Bad Boys II", der seinen neuen Partner sogleich löchert: "Hast du schon mal zwei Knarren im Flug abgefeuert?" Zum Showdown werden beide natürlich synchron durch die Luft fliegen und beidhändig losballern.

Das idyllische Sandford wird zum Höllenpfuhl des Verbrechens, beherrscht von einer sinistren, fremdenfeindlichen Verschwörerclique. Der Action-Stil kommt nicht nur in den finalen Verfolgungsjagden zum Einsatz, sondern auch dann, wenn die Polizisten ihre Schreibarbeiten erledigen, sodass das Zücken eines Kugelschreibers mindestens so gefährlich erscheint wie die Entsicherung einer Pumpgun. Nichts wird einfach in singulären Gags verpulvert, Wright dekliniert alles in immer neuen Varianten durch. So gehen inszenatorische Intelligenz und Witz Hand in Hand, und das Tempo steigert sich derart, dass die Schnitte so rapide umschalten wie die Synapsen im Gehirn.

Hierzulande hat Michael Bully Herbig gezeigt, wie aus juvenilem Spaß am Genre-Kino herrliche Parodie-Virtuosität entstehen kann, und warum eine treffsichere Parodie immer auch eine Hommage sein muss. Edgar Wright ist sein Bruder im Geiste, zeigt dieselbe Lust am stilistisch perfekten Zitat, an der Ausschweifung ins Absurde, und er knüpft zugleich an die großen Traditionen der britischen Kino-Comedy an, von Peter Sellers bis Monthy Python.

HOT FUZZ, GB 2007 - Regie: Edgar Wright. Buch: Simon Pegg, Edgar Wright. Kamera: Jess Hall. Mit: Simon Pegg, Nick Frost, Jim Broadbent, Edward Woodward, Timothy Dalton. Universal, 121 Minuten.

© SZ vom 14.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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