Im Interview: M. Night Shyamalan:Glauben statt Wissen

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Regisseur M. Night Shyamalan äußert sich mit entwaffnender Offenheit über persönliche Ängste - und wie er sich therapiert.

Anke Sterneborg

In dunkler Anzughose und weißem Hemd wirkt M. Night Shyamalan ein bisschen so, als bemühe er sich darum, bei einem wichtigen Vorstellungstermin besonders seriös zu wirken. Doch dann bricht der bald vierzigjährige Filmemacher doch immer wieder in ein jungenhaft vergnügtes Lachen aus - und spricht mit entwaffnender Offenheit über moderne Paranoia und persönliche Ängste.

SZ: Anders als Ihre früheren Filme spielt "The Happening" mit ganz realen politischen und ökologischen Ängsten: Sind das die Themen, die Ihnen persönlich am Herzen liegen?

M. Night Shyamalan: Im Moment tauchen ja viele dieser Weltuntergangs-Szenarien im Kino auf, was natürlich damit zu tun hat, dass jeder sich Sorgen über die Zukunft macht. Aber Horrorfilme spielen ja meistens auf ganz reale Ängste an. In "Die Nacht der lebenden Toten" geht es zwar um Zombies, doch wenn am Ende der einzige Überlebende ein Schwarzer ist, der vom Sheriff erschossen wird, dann hat das einen Resonanzboden in der Bürgerrechtsbewegung. Und die feindliche Übernahme durch Aliens in "Invasion der Körperfresser" spiegelte die Paranoia der Kommunistenhatz. Es gefällt mir, so einen B-Movie-Stoff mit einer Integrität anzugehen, die ihn überhöht und eine Verbindung zu ganz realen Ängsten herstellt.

SZ: Spielen Sie als Filmemacher also Ihre persönlichen Albträume durch?

Shyamalan: Ich sehe meine Filme in einem sehr viel positiveren Zusammenhang, bei mir gibt es immer Gespräche über den Glauben, und Menschen, die ihn wiederfinden. Ich möchte gerne die Muskeln wieder aktivieren, die wir etwa im Alter von zehn Jahren verlieren, diese besondere Fähigkeit, an Dinge zu glauben, statt einfach alles nur zu wissen.

SZ: ...was man durchaus als Weg sehen kann, Albträume zu verarbeiten.

Shyamalan: Ja, wahrscheinlich ist es wirklich der beständige Versuch, die Angst aus meinem Leben zu vertreiben. Aber ich bin darin nicht besonders erfolgreich. Es gibt diesen psychologischen Begriff des Überflutens, der Abhärtung. Wenn man Angst vor Spinnen hat, sollte man sich in einen Raum voller Spinnen setzen, um die Angst loszuwerden. Ich denke, dass man sich gerade als Autor selbst therapiert. Wenn Sie meine Filme anschauen, wissen Sie genau, mit welchen Probleme ich mich herumschlage.

SZ: Ganz sicher kann man sich bei Ihnen nicht sein, ob Sie schamloser Romantiker oder doch eher Pessimist sind?

Shyamalan: Also vor allem bin ich kein Zyniker! Da kommt mir der Romantiker schon sehr viel näher. Ich tendiere dazu, mir immer alles zum Positiven hinzubiegen. Gleichzeitig bin ich ein sehr ängstlicher Mensch, was ein gewisser Widerspruch ist - denn wenn ich wirklich so romantisch wäre, dürfte ich ja wohl nicht so ängstlich sein.

SZ: Die Helden Ihrer Filme sind oft scheue Außenseiter. Wie nah ist das an Ihrer eigenen Lebenserfahrung als gebürtiger Inder in Amerika?

Shyamalan: Ich habe mich immer als Außenseiter gefühlt, nicht im negativen Sinne, sondern eher so, dass ich mich als etwas Außergewöhnliches betrachtet habe. Es ist für mich selbstverständlich, einen Raum zu betreten, in dem ich anders bin als alle anderen. Das war schon als Kind so, in der Schule war ich das einzige indische Kind. Und als ich dann studierte, gab es zwar jede Menge Inder, doch ich war der Einzige, der Filme machen wollte.

SZ: Sie machen auch immer wieder diese nachdenklichen Menschen zu den Helden Ihrer Geschichten, Lehrer, Psychologen, Priester ...

Shyamalan: ...das sind alles denkbare Lebensentwürfe von mir, sie repräsentieren alle Berufe, die ich gerne gemacht hätte. Ich wäre gerne ein Priester oder auch ein Lehrer geworden, und meine Frau ist Psychologin. Auch diese Idee, Kindern zu helfen, gefällt mir persönlich sehr gut.

© SZ vom 12.06.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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