Hertzkammer:Irische Sensibilität

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Der DJ Mano Le Tough bei der "Maeve Label Night" im Blitz

Von Theresa Hein

Irland ist bekannt für grüne Wiesen, dunkles Bier und harmonische Volkslieder. Niall Mannion kommt aus dem Süden Dublins und gibt "harmonischen Volksliedern" eine neue Bedeutung. Mannions Heimatstadt ist Greystones im Osten Irlands, die Nachbarorte tragen lyrische Namen wie "Eden Gate". Und weil Mannion in den Neunzigern aufwuchs, hörte er im Radio hauptsächlich Dance-Tracks. Mit acht Jahren schien es ihm unfair, dass er als Kind nicht in einen Club gehen konnte.

Mehr als 20 Jahre später nennt sich das irische Kind Mano Le Tough und ist bekannt für zerbrechlichen Techno und zitternden House. Im Mai dieses Jahres veröffentlichte Mano Le Tough auf dem von ihm selbst mitgegründeten Label Maeve den Deep-House-Track "Arganol 'n' all", ein weiteres Beispiel seines Geschicks, zarte Geräusche tanzbar und raumfüllend zu machen, wenn auch weit weniger melancholisch als die Vorgänger. Das Label Maeve besteht aus zwei Iren, Mano le Tough und seinem Kollegen und Freund The Drifter, und dem Niederländer Baikal. Dieser löst Mano Le Tough auch bei der "Maeve Label Night" im Blitz ab. Erst vergangene Woche haben die beiden den Club "The Block" in Tel Aviv bespielt, eine Art israelisches Berghain. Jetzt ist das Blitz dran.

Auf Le Toughs Track "Half Closed Eyes", der vor zwei Jahren bei dem Münchner Label Permanent Vacation erschien, rankt sich fragiler Männergesang um klirrende Keyboard-Sounds und sanft schließende Hi-Hats. Torpediert wird das Klanggefüge von an 8-Bit-Sounds erinnernden Tönen. Nach ein paar Glockenklängen entlässt der DJ seine Hörer in einen Zustand verletzlicher Stille. Diese Verletzlichkeit ist Mano Le Toughs Stärke: Den meisten DJs gelingt es auf die eine oder andere Weise, dass Tänzer und Zuhörer sich selbst vergessen, während sie tanzen. Mano Le Tough erreicht das Gegenteil: Seinem sanften, ehemals von Disco beeinflussten House gelingt es, dass sich jeder, der zu seiner Musik tanzt, der eigenen seltsamen Körperlichkeit bewusst wird. Das Ergebnis ist überraschend positiv: Es bleibt kaum Zeit, sich über die eigene anatomische Krampfhaftigkeit angesichts der so viel perfekteren elektronischen Klänge zu ärgern. Mano Le Tough fängt sein verlorenes Publikum auf und bettet es auf sanfte Beats. Liebenswürdig verwandelt er die Hölzernheit, die einem so oft im Club peinlich bewusst wird, in musikalische Ergänzung. Die Augen darf man dabei geöffnet lassen.

Maeve Label Night , u.a. mit Mano Le Tough, Ed Davenport, Baikal, Samstag, 16. September, 23 Uhr, Blitz Club, Museumsinsel 1

© SZ vom 14.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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