Hertzkammer:Endzeittanz

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Barbara Morgenstern stellt in der Roten Sonne ihr neues Album vor

Von Martin Pfnür

Wenn Barbara Morgenstern ihr neues Album "Unschuld und Verwüstung" mit einem Song namens "Michael Stipe" eröffnet, ist das gleichsam Hommage und cleverer Kunstgriff. Geht es darin doch weniger um den einstigen R.E.M.-Sänger selbst als vielmehr um den Umstand, dass R.E.M. bereits 1987 mit "It's The End Of The World As We Know It (And I Feel Fine)" das Ende der uns bekannten Welt ausriefen. "Ist die Welt nun wie sie war vorbei? / Michael Stipe sang das bereits vor ewiger Zeit / And I do not feel fine", flötet Morgenstern nun mit glockenheller Stimme, um schließlich zu fordern: "All I want is my peace of mind". Es ist ein diffuses Unbehagen, das Morgenstern hier ebenso angesichts einer alten Weltordnung im Auflösungszustand wie im Zuge des eigenen Älterwerdens formuliert. Ein Album über die Mitte des Lebens habe sie schreiben wollen, sagt die 47-Jährige aus Berlin. Das ist ihr, gemessen an Songs wie "Live Fast, Die Young!", in dem sie fröhlich das Ende anvisiert ("30 Jahre noch, komm, wir gucken, was geht!") und gleichzeitig trocken feststellt, dass man mit Ende 40 eh zu alt ist, um den frühen Hedonistentod des Rock'n'Rollers zu sterben, durchaus gelungen.

Und dennoch: Vermehrt analog geprägt und fein verflochten zwischen Klavier, Harmonium und Saxofon-Sounds, reichen Morgensterns elektrifizierte Chansons thematisch weit über die bloße Midlife-Crisis hinaus, indem sie mal die sprachliche Verrohung ("Wortschatz"), mal die elende Selbstoptimiererei ("Karriereleiter") aufs Korn nehmen. Und für eine strahlende instrumentale Deep-House-Nummer ist man sowieso nie zu alt, wie etwa das grandios voranpumpende "Hands Dance" eindrucksvoll beweist.

Barbara Morgenstern , Donnerstag, 14. Februar, 20 Uhr, Rote Sonne, Maximiliansplatz 5

© SZ vom 14.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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