Gewalt in Computerspielen:Haut´se auffe Schnauze!

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Verschwiegen, verschämt verschmuddelt. Es ist eine zähe Debatte, eine unfertige Debatte - wirklich geredet wird selten. Und die Darstellung von Gewalt in Computerspielen hat sich auf ein Niveau eingependelt, das dem Feldgebrüll aus Militaria-Magazinen ähnelt.

Von Markus C. Schulte v. Drach

Aus der Heftmitte bohrt sich der Lauf eines Maschinengewehrs in die Nase des Lesers, hinter der Waffe suggerieren die grimmigen Gesichter steinharter Helden eine pure Unerbittlichkeit.

Wer Computerspiele-Zeitschriften durchblättert, kann manchmal den Eindruck gewinnen, er habe sich vergriffen. Da prangen auf dem Titelblatt zwar die Worte Play, Game oder Action - doch man kommt sich vor wie bei der Lektüre von Soldier of Fortune aus dem Jahre 1943 oder 2115.

Abwechslung bietet noch der Sport-Teil, der sich neben viel Fußball und Rennsport auch ausführlich blutigem Kampfsport widmet - mit viel gegenseitigem In-die-Fresse-Treten.

Nicht nur die Werbung für viele Spiele ist martialisch und militärverherrlichend. Auch mancher Redakteur lässt sich seitenlang begeistert darüber aus, wie realistisch und originalgetreu die Waffen sind, mit denen man spielt.

Und mancher Autor scheint mangelnde Originalität mit Zynismus zu überspielen. Da werden Waffen für den Häuserkampf als "Gebäudereiniger" bezeichnet, und die bevorstehende Exekution eines Gegners mit dem Messer mit dem Satz kommentiert: "Dem schneiden Sie den Sack ab".

Pflicht, Ehre, Tapferkeit

Spiele, die sich mit dem zweiten Weltkrieg beschäftigen, tragen Titel wie Call of Duty (Die Pflicht ruft), Medal of Honour (Ehrenmedaille) oder Brothers in Arms (Waffenbrüder), und als "Men of Valor (Männer von Tapferkeit) kämpfen US-Soldaten im Vietnamkrieg. Den Titel hätte Ronald Reagan nicht besser wählen können. Pflicht, Ehre, Tapferkeit - darauf kommt es also an!

Kampfspiele, die in der Gegenwart angesiedelt sind, heißen z.B. Hitman (Auftragskiller), Soldier of Fortune (Söldner) oder unser Held ist ein Agent der NSA - ja genau, derjenigen Organisation, die im US-Interesse so ziemlich alles überwacht, was man überwachen kann. Ansonsten wiederholt sich das alte Thema: Wir Spieler sind die besten Elite-Soldaten der Welt und Gung ho, kill, kill, kill!

Spielen wir in der Zukunft, macht sich dies fast nur in den Variationen im Vernichtungspotential der Waffen bemerkbar. Selbst die Nachfrage nach Monstern als Gegnern scheint zu sinken: Es müssen schon Menschen sein, auf die wir schießen - oder mindestens menschenähnliche "Combines".

Nun werden die Spieler wieder einmal provoziert durch einen Beitrag des ZDF-Magazins Frontal 21: Die Redaktion, die Ego Shooter und andere Kampfspiele als Brutal- oder Killerspiele bezeichnet, beklagt, dass gerade mit der "extrem realistischen Darstellung von Kampfverletzungen" für Spiele wie "Fight Club" und "Backyard Wrestling" geworben wird. So lockt "Fight Club" mit "schockierenden Röntgenaufnahmen bei Knochenbrüchen".

Diese Spiele sind zwar nicht gerade Bestseller. Und Spieler sowie Hersteller wehren sich zurecht gegen die simple Behauptung, "Brutalspiele" würden unweigerlich zu Gewalt bei Jugendlichen führen. Doch dass die Spiele überhaupt keine Wirkung haben, lässt sich auch nicht behaupten. Schließlich deuten etliche wissenschaftliche Studien darauf hin, dass Gewalt in Videospielen zu einer erhöhten Bereitschaft zu Gewalt führen könnte.

Warum diese Brutalität?

Die Frage muss jedoch erlaubt sein, wieso die Hersteller überhaupt auf möglichst realistische Brutalität setzen. Klar, viele Spiele sind erst ab 18 freigegeben, gekauft werden sie dann von der Oma mit Einkaufzettel für die lieben Kleinen.

Warum also ist die Aufmachung der meisten Kampfspiele so martialisch, wieso wird das Militär völlig unreflektiert verherrlicht, warum sind die Storys und das Gameplay so plump?

Ist es das, was die Zielgruppe will? Wenn das so ist, dann muss man sich allerdings fragen, ob es sich dabei tatsächlich um Personen handelt, die reif genug sind für so brutale und realistische Spiele.

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