Geburtstagsparty:Eine Feier der Schauspielerei

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Achtzig Jahre alt ist Walter Hess vor zwei Monaten geworden. Das wurde jetzt in den Kammerspielen gebührend gefeiert. (Foto: Julian Baumann)

Das Kammerspiel-Ensemble beschert Walter Hess einen reizenden Abend

Von Egbert Tholl, München

Am 8. März dieses Jahres wurde Walter Hess 80 Jahre alt, nun feierten ihn seine Kollegen aus dem Ensemble der Münchner Kammerspiele im Schauspielhaus. Alle wollen mitmachen. Annette Paulmann und Stefan Merki laden den Jubilar, der so wirkt, als feiere er seinen 50., zu einer Art Talkshow Stationen seines Lebens betreffend, aber mit Glamour. Überhaupt Glamour: Eine Band steht auf der Bühne, die hat einen Gitarristen zum Niederknien, den Schauspieler Christian Löber, was der macht, ist fabelhaft. An den Trommeln sitzt Samouil Stoyanov - wenn die beiden mal keine Lust mehr auf Theater haben, gründen sie einfach eine Band und werden Superstars. "Sympathy for the Devil" - erstens unglaublich gut gespielt, zweitens davon abgeleitet, dass Hess im Fernsehen sehr oft Pfarrer spielte. Auch im Kino, er war der Gefängnispfarrer in und mit Sophie Scholl - Julia Jentsch ist leider nicht mehr am Theater. Auf den geistlichen Rollen reitet Merki mit seinem Schalk herum, aber dann muss er toll singen. Oder Saxofon spielen. Oder beides gleichzeitig.

Interessant sind die Lebens-Arbeitsstationen von Walter Hess. Er gründete einst in Zürich das Theater an der Winkelwiese mit, wo man wenige Jahre nach 1968 das experimentelle Theater dort etablieren wollte, wo es dies bislang nicht gab. Das Theater gibt es heute noch, da machen sie sehr schöne Aufführungen sehr zeitgenössischer Stücke. Im Grunde war Hess früh dort, wo er am Ende wieder ist, also Experiment, früher Schweiz, jetzt Lilienthal.

Zum Abschluss seiner Schweizer Buchdruckerlehre erhielt Hess einen Preis. Jetzt erhält er wieder einen, von Angela Merkel, also Annette Paulmann in einer Susanne-Kennedy-Maske. Den großen deutschen Schauspielerpreis, den ihm Julia Riedler an den Finger steckt. Einen Ring. Nicht den Iffland-Ring, aber wer will diesen patriarchalischen Erbfolgering schon tragen, brennend wie der des Nibelung, seitdem ihn mal ein ehemaliger, besonders fieser Nazipropagandaschauspieler trug. In den Rhein damit, aber nicht mit dem Ring von Walter Hess, der reine Ehrerbietung ist an einen Darsteller, der seit 2002 an den Kammerspielen ist, dort noch 50 Jahre gerne bleiben darf, weil er, wie an dem Abend oft zu hören ist, eine menschliche Integrität und schauspielerische Präzision besitzt, die sich gewaschen haben. Der Geburtstagsabend ist ein Glück für alle, die ans Theater glauben und an die Menschen, die es machen. Alles Gute!

© SZ vom 09.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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