Flick Collection:"Flick, jetzt vergebe ich dir"

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Erst wurde heftig diskutiert, nun ist eine Besucherin der umstrittenen Ausstellung handgreiflich geworden: Sie beschädigte zwei Kunstwerke.

Mit blankem Entsetzen haben am Donnerstag der Kunstsammler Friedrich Christian Flick und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz auf den Anschlag der 35 Jahre alten Frau reagiert. Bei der Attacke wurden am Mittwochabend zwei Installationen des Amerikaners Gordon Matta Clark beschädigt. Die Frau zertrampelte Teile seiner Installation "officed baroque" (1977) und verbog Karosserieteile der Installation "graffiti truck" (1973). Kurator Eugen Blume sprach von "sehr bedeutenden Kunstwerken".

Die beiden Werke des Künstlers Gordon Matta Clark könnten allerdings restauriert werden, sagte Stiftungspräsident Klaus-Dieter Lehmann vor Journalisten. Es handele sich zwar nicht um eine geplante politische Aktion. Allerdings sei die Tat offenbar von der "Emotionalität der Debatte" über die Sammlung von Friedrich Christian Flick begünstigt worden, die wegen der NS-Vergangenheit der Familie umstritten ist.

Den Angaben der Stiftung zufolge kam die 35-Jährige in die Ausstellung und zerrte an den beiden Kunstwerken. Dann habe sie gerufen: "Flick, jetzt vergebe ich Dir." Anschließend sei sie zum nächsten Kunstwerk gelaufen, auf dem sie ebenfalls herumgehüpft sei.

Wachpersonal vom "aggressiven Auftritt" überfordert

Lehmann räumte ein, dass das anwesende Aufsichtspersonal nicht sofort einschritt, als die Frau begann, sich auffällig zu verhalten. Die beiden Aufseher seien von dem "aggressiven Auftritt überfordert" gewesen und hätten deshalb nach einem "Supervisor" gesucht. Lehmann kündigte eine Überprüfung des Sicherheitssystems an. Gleichzeitig bestritt er, dass es zu wenig Wachpersonal in der Flick-Ausstellung gebe. "Wir haben weit mehr als üblich, das ist mit der MoMA-Ausstellung vergleichbar."

So habe die Frau Zeit für ihre Störaktion gewonnen. Die Polizei nahm die 35-Jährige vorübergehen fest. Sie ist in der Vergangenheit mehrfach wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung aufgefallen. Die Aktion dauerte etwa 15 bis 20 Minuten, bevor die Frau von der Polizei festgenommen wurde. Gegen die 35-Jährige wird wegen Sachbeschädigung ermittelt. Sie sei wieder auf freiem Fuß, teilte ein Polizeisprecher mit.

Flick wurde noch am Abend von dem Vorfall unterrichtet und sei sehr erschüttert gewesen, wie Lehmann sagte. Konsequenzen habe er bisher jedoch nicht angekündigt. Der Schaden an den Kunstwerken, die sofort Restauratoren übergeben wurden, wurde nicht beziffert. Der ideelle Schaden sei aber hoch. In Medienberichten war von 90.000 Euro Schaden die Rede.

Die Flick-Sammlung besteht aus insgesamt 2500 Exponaten, darunter Werke bedeutender zeitgenössischer Künstler wie Nam June Paik, Cindy Sherman, Francis Picabia oder Bruce Naumann.

Die Schau war ungeachtet der heftigen Kritik am Dienstagabend mit einer Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) eröffnet worden. Friedrich Christian Flick wird auch zum Vorwurf gemacht, dass er bisher nicht in den Zwangsarbeiterfonds der deutschen Wirtschaft eingezahlt hat. Sein Großvater Friedrich Flick war wichtiger Rüstungsunternehmer während der NS-Zeit und hatte Tausende von Zwangsarbeitern beschäftigt.

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