Film "Große Haie - kleine Fische":Findet Oscar

Lesezeit: 1 min

Das Amerika von heute als transparente Unterwasserwelt erleben, anmutig, grotesk, grausam. Der neue Dreamworks-Film als Fabel von den Haien der Großstadt.

Von Fritz Göttler

Floating. Sich treiben lassen ohne Ziel und Zweck. Durch Räume und Zeiten schweben und die wunderbare Leichtigkeit des Seins erfahren... Das Kino ist die Kunst der Schwerelosigkeit, und im Zeichenfilm wurde diese Kunst immer wieder zur Vollendung gebracht.

Im neuen Dreamworks-Traumstück "Shark Tale" (Regie: Vicky Jenson, Bibo Bergeron, Rob Letterman), dem der deutsche Titel "Große Haie - Kleine Fische" leider bleischwer anhängt, dürfen wir das Amerika von heute als transparente Unterwasserwelt erleben, anmutig, grotesk, grausam, in einer Fabel von den Haien der Großstadt und dem anarchischen Einzelgänger, der - durch seine eigene Großspurigkeit - sich gezwungen sieht, die Heldenrolle zu übernehmen.

Eine Figur, die im Kino augenblicklich nur einer spielen kann - der hippige Hans Dampf in allen Gassen Will Smith. Er leiht dem kleinen Walwäscher-Fisch Oscar die Stimme - und die Dreamworks-Animateure haben Oscars kecke Gesichtszüge und Bewegungen treu dem wirklichen Will angeschmiegt.

Hai-Mafia auf der Titanic

Die gleiche Interaktion gilt auch bei seinen Gegenspielern, der Hai-Mafia, die auf der Titanic logiert - Dank an Mr. Cameron! -, stimmlich gesponsert von Robert De Niro - sein animiertes alter ego hat gar das berühmte Muttermal auf der Backe -, Martin Scorsese - ein Kugelfisch mit buschigen Augenbrauen - und Jack Black.

Das daraus sich ergebende erregende Zusammenspiel von Stimme, Gestalt und der eigenen Erinnerung an viele Kinostunden und -erfahrungen geht in der deutschen Fassung leider verloren. So muss man sich stärker auf die Geschichte konzentrieren, die von Oscar und seinem Kumpel Lenny erzählt, der eine ein shark slayer wider Willen, der andere ein Ausnahmefall unter den Raubfischen - ein überzeugter Vegetarier.

An Dramatik nicht zu überbieten: die Szene, wenn der Papa Pate den Jungen zwingen will, als Zeichen des guten Willens eine Portion Krabben zu verspeisen - die herzzerreißend um Gnade betteln!

Der Film ist am schönsten in den Momenten der reinen Melancholie, wenn er sich ganz in die Meditation verliert. Wenn Oscar mit ein paar Streetkids spielt oder sich von den Frauen verführen lässt, wenn ein paar coole Quallen-Gangster ihre Rapper-Späße treiben oder man durchs ozeanische New York trudelt, über den hektischen submarinen Times Square, mit Coral-Cola-Reklame und Yellow-Cab-Fischen.

© SZ vom 14.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: