Festival:Gezeichnete Gefühle

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Das Festival Filmzeit vergibt diesmal auch einen Preis für Videokunst

Von Sabine Reithmaier, Kaufbeuren

Klein, intim, aber sehr qualitätsvoll - so stellten sich die Filmzeit-Gründer vor neun Jahren ihr Festival vor. Tatsächlich ist es Roman Harasymiw und seinem Team geglückt, diesen Vorsatz umzusetzen und ein Autoren-Filmfestival ins Leben zu rufen, das jedes Jahr ein wenig umfangreicher und spannender wird. 88 Filme präsentiert die Filmzeit heuer, Spielfilme genauso wie Experimental- und Animationsfilme sowie Dokumentationen. Ein Novum in diesem Jahr ist der Videokunstpreis "Buronale".

Video-Art war auch in den Vorjahren schon ein fixer Bestandteil der Filmzeit. "Aber wir haben das eher punktuell eingestreut", sagt Harasymiw, selbst Maler, Bildhauer, Musiker, Fotograf und Filmer. Ihm schwebte von Anfang an vor, das Allgäuer Festival zu einem Treffpunkt für Videokünstler zu entwickeln. Keine einfache Geschichte vor allem in finanzieller Hinsicht, denn Videokunst zieht meist nicht die Publikumsmassen. Trotzdem präsentierte die Filmzeit in den Vorjahren bereits sehr gelungene Einzelausstellungen mit Arbeiten von Christoph Brech (2014) und Gabriella Gerosa (2015).

In diesem Jahr schrieb Harasymiw zum ersten Mal einen mit 1000 Euro dotierten Preis für Video-Art aus. Und war dann überwältigt, als 180 Filme für die "Buronale" eingereicht wurden. Die Jury - neben dem Festivalleiter auch Christoph Brech und Stadtmuseumsleiterin Petra Weber - vergab den Preis einstimmig an die saarländische Künstlerin Lydia Kaminski, deren Arbeiten im Stadtmuseum zu sehen sind.

Der Sieger "So far" ist ein handgezeichneter Stop-Motion-Film, in dem drei junge Migranten erzählen, weshalb sie nach Wien gezogen sind. Migration habe sie einfach als Thema interessant gefunden, sagt Kaminski, die an der Universität für Angewandte Kunst in Wien Social Design studiert und dort mit diesem Film ihren Abschluss gemacht hat. Interessant zum einen deshalb, weil ihre Mutter polnische Wurzeln hat, und zum anderen, weil sie ein Gefühl verblüffte, das sie überfiel, als sie in Wien studierte: "Ich habe mich dort mehr als Deutsche gefühlt wie im Saarland." Im Film erzählen Marco, Pablo und Ulduz von ihren unterschiedlichen Erfahrungen und Beobachtungen, während sich die Zeichnungen in einer reduzierten, humorvollen Bildsprache auf ihren ersten Tag in Österreich konzentrieren.

Kaminskis aufwendige Arbeiten bewegen sich zwischen Film, Malerei und Zeichnung. "Eigentlich komme ich vom Zeichnen her, aber es gibt mehr Menschen, die in Filme gehen als in Ausstellungen", sagt die 34-Jährige pragmatisch. "Künstler", eine Arbeit, die sie gemeinsam mit dem Bildhauer Philipp Neumann gemacht hat, setzt sich auf witzige Art mit der Frage "Warum überhaupt Kunst?" auseinander, während die dreiteilige "Metamorphose", ebenfalls eine Gemeinschaftsproduktion, die Umnutzung eines Industriegebäudes in ein Kunstareal thematisiert.

Zwölf weitere Video-Arbeiten, unter anderem von Agnes Jänsch, Sabina Jacobson, Daniel Burkhardt oder Yannick Mosimann, sind zum Auftakt der Filmzeit am Montag, 3. Oktober, im Kino zu sehen. Bei freiem Eintritt übrigens. Harasymiw liegt schließlich daran, Hemmschwellen abzubauen.

Filmzeit Kaufbeuren, 3. bis 9.10. in Stadttheater und Corona Kinoplex, www.filmzeitkaufbeuren.de. Vom Ende und Anfang, Arbeiten von Lydia Kaminski und Philipp Neumann, bis 9.10., Di. bis So., 10 bis 17 Uhr, Stadtmuseum Kaufbeuren

© SZ vom 28.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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