Familiengeschäfte:Rasta zu Zaster

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Keine Ruhe, nirgends, nicht mal im Grab: Bob Marleys Witwe will seine sterblichen Überreste exhumieren lassen und nach Äthiopien überführen.

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Dass Bob Marleys ganzes Leben sich um sehr unmögliche Haare und sehr mögliche Marihuana-Joints drehte, ist ein infames Vorurteil. Richtig ist, dass sein ganzes Leben sich um Afrika drehte - das hat nun Rita Marley, die Witwe des legendären Reggae-Musikers, nochmals unterstrichen. Mit Afrika ist hierbei, genauer gesagt, Äthiopien gemeint. Und noch genauer gesagt, das 250 Kilometer südlich der Hauptstadt Addis Abeba gelegene Shashemene. Dort leben heute noch etwa achtzig Familien, die der RastafarianGemeinschaft angehören. Die Mitglieder dieser einst vom äthiopischen Herrscher Haile Selassie gegründeten sektenartigen Erweckungsbewegung, zu der sich auch Bob Marley bekannte, lassen ihre Haare verfilzen und betrachten das Rauchen von Marihuana als heiliges Sakrament. Womit wir wieder bei der geistigen Heimat des 1981 verstorbenen Musikers wären, dessen geographische Heimat Jamaika heißt. Dort war er 1945 geboren worden, und dort liegt er auch begraben.

(Foto: Foto: AP)

Doch nach dem Willen der Witwe sollen Marleys sterbliche Überreste nun exhumiert, nach Äthiopien überführt und zum sechzigsten Geburtstag des Künstlers im Februar neuerlich bestatten werden. "Äthiopien ist seine spirituelle Ruhestätte", sagte Rita Marley, die ihrerseits schon immer alles dafür getan hat, ihren Mann nicht zur Ruhe kommen zu lassen. Nachdem Marley 1976 bei einem Attentat in seinem Haus angeschossen worden war, hatte er sich zum Vorbeter der "Rasta-Litanei" ernannt und wurde zum geistigen Oberhaupt der Rastafaris. Diese betrachten sich als in die westliche Unfreiheit verkaufte Angehörige vom verlorenen Stamm des Volkes Israel, verehren Haile Selassie als ihren Messias und treten für eine Rückkehr der Nachkommen ehemaliger Sklaven nach Afrika ein.

So viel zum geistigen Erbe, nun zum weltlichen: Um sein 30-Millionen-Dollar-Erbe entbrannte nach Marleys Tod ein erbitterter Streit, als seine mehr als zehn Jahre von ihm getrennt lebende Frau Rita auf betrügerische Weise versuchte, das Vermögen unter ihre Kontrolle zu bringen. Durch lukrative Neueinspielungen und verschnittene Titel gelang es ihr, Marleys Label auszubooten. Außerdem verdiente die geschäftstüchtige Dame durch makabre posthume Nachverwertungen wie die Einrichtung einer Marley-Weihestätte in Gestalt eines disneyesken Themenparks noch einiges mehr hinzu und gab dem Begriff Joint-Venture einen ganz neuen Klang.

Auch in Äthiopien plant die Berufswitwe eine Reihe ebenso frommer wie geldwerter Veranstaltung zum Gedenken an ihren Mann, darunter ein Konzert. Der Erlös soll ausnahmsweise nicht ihrer eigenen Familie, sondern den armen Familien des Landes zu Gute kommen.

© SZ vom 14.1.2005 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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