Erwin Geschonneck ist tot:Herz und Knecht

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Der Schauspieler Erwin Geschonneck ist am Mittwochmorgen im Alter von 101 Jahren in Berlin gestorben. Berühmt wurde er unter Bertolt Brecht und in DEFA-Filmen.

Der Schauspieler Erwin Geschonneck ist tot. Er sei am Mittwochmorgen im Alter von 101 Jahren in Berlin gestorben, teilte die Akademie der Künste mit.

Stand bis ins hohe Alter auf der Bühne: Erwin Geschonneck. (Foto: Foto: dpa)

Geschonneck wurde am 27. Dezember 1906 als Sohn eines Flickschusters und Nachtwächters in Bartenstein in Ostpreußen geboren und wuchs in Berlin auf. Sein erster Film war Reinhold Schünzels "Das Mädchen aus der Ackerstraße", den er jedoch nur hinter den Kulissen erlebte: Weil er gegen die ihm zugedachte Statistenrolle protestierte, flog Geschonneck aus der Filmcrew. Er wurde Mitglied in der Arbeitersportgruppe Fichte und trat 1919 in die KPD ein. Von da an wirkte er in zahlreichen Agitprop-Theatergruppen, Arbeiterchören und an Erwin Piscators Junger Volksbühne mit. In Slatan Dudows "Kuhle Wampe" feierte er - dann doch nur als Statist - 1931 sein Leinwanddebüt.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ging Geschonneck ins Exil und wirkte im sowjetischen Odessa an einem deutschsprachigen Kollektivistentheater mit. 1939 wurde er in Prag von der SS verhaftet und kam ins Konzentrationslager Sachsenhausen, anschließend nach Dachau und Neuengamme. Am Ende des Zweiten Weltkriegs gehörte er zu den 350 Überlebenden der 4000 Häftlinge auf dem KZ-Schiff Cap Arcona, das nach Bombardierung durch die Royal Airforce unterging.

Als Theaterschauspieler begann Geschonneck 1946 wieder in Hamburg bei Ida Ehre an den Kammerspielen. 1949 holte ihn Bertolt Brecht ans Berliner Ensemble, wo er in der Inszenierung von Brechts "Herr Puntila und sein Knecht Matti" als Knecht Matti berühmt wurde. Sein erstes DEFA-Engagement war die Rolle des Gauners Motes in "Der Biberpelz", und dem jüngeren Publikum blieb er v. a. als dämonischer Holländer-Michel in dem Märchen "Das kalte Herz" (1950) in Erinnerung.

Geschonneck gehörte rasch zu den höchstbezahlten DEFA-Akteuren. Zu seinen großen Filmen zählen "Das Beil von Wandsbek" (1951) mit Geschonneck als bravem Familienvater, der ohne Skrupel Auftragsmorde für die Nazis ausführt, und "Sonnensucher" (1958), wo er einen unorthodoxen Kommunisten spielte, der sich gegen engstirnige Parteisekretäre durchsetzt. Eindringliche Rollen gelangen ihm auch mit den Lagerfilmen "Nackt unter Wölfen" (1962) oder "Jakob, der Lügner" (1974), der als einziger DEFA-Film mit einer Oscar-Nominierung bedacht wurde.

Auch in der Bundesrepublik wurde dem Schauspieler 1993 mit der Verleihung des Filmbandes in Gold Anerkennung zuteil. 1995 drehte er "Matulla und Busch" unter der Regie seines Sohnes Matti. Bis ins hohe Alter wirkte Geschonneck in Hörspielen mit und gab gelegentlich Soloabende.

© sueddeutsche.de/dpa/munzinger/korc - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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