Erika Fuchs gestorben:Die Mutter aller Sprechblasen

Lesezeit: 2 min

Als Übersetzerin der Disney Comics hat Erika Fuchs mit Sprachschöpfungen wie "Dem Ingeniör ist nichts zu schwör" Geschichte geschrieben. Und das Genre auf ein pädagogisch wertvolles Niveau geliftet. Im Alter von 98 Jahren ist die promovierte Germanistin gestorben.

Die promovierte Kunsthistorikerin war erste Chefredakteurin der Micky Maus. Mit geistreichen Übersetzungen gelang es ihr, das Comic-Heft nach dem Zweiten Weltkrieg auch in Deutschland zum Erfolg zu machen.

Lasst uns ein Volk sein, einig von Brüdern, und niemals uns waschen in der Gefahr - Seufz, grübel, stöhn (Foto: N/A)

Vor allem die Geschichten um Donald Duck bereicherte die Übersetzerin mit ihrem Sprachwitz. Sie gab dessen Neffen Trick, Trick und Track ebenso den deutschen Namen wie dem schwerreichen Onkel Dagobert samt seinen Fantastillionen oder dem Erfinder Daniel Düsentrieb.

Oft ließ Fuchs in die Sprechblasen Anleihen von Schiller, Goethe, Shakespeare oder Wilhelm Busch einfließen. In Entenhausen war der korrekte Konjunktiv ebenso zu Hause, wie eine gehobene Ausdrucksweise.

"Seufz, grübel, grübel"

Wo der englische Donald "No" sagte, sprach der deutsche "Mitnichten" - ohne dass die Texte steif wirkten. Auf der anderen Seite ließ Fuchs neue Ausdrücke wie "grübel, grübel" oder "seufz" Einzug in die deutsche Sprache halten.

Ihre journalistische Karriere begann die Mecklenburgerin als freie Mitarbeiterin für die deutsche Ausgabe von "Reader's Digest" nach dem Zweiten Weltkrieg.

In wirtschaftlich klammen Zeiten kam Fuchs, die Ende der zwanziger Jahre Kunstgeschichte und Archäologie in Lausanne, London und München studiert hatte, zur Gründungsredaktion der deutschen Ausgabe von Micky Maus, wo ihr die Übersetzungen angeboten wurden.

"Ich hatte noch nie zuvor ein Comic-Heft in der Hand gehabt", berichtete sie später. Sie habe sich Bedenkzeit erbeten. "Es war mein Mann, der mich letztendlich ermutigte, das Projekt zu übernehmen. Er war der Meinung, dass in kürzester Zeit sehr viele Kinder diese Comics lesen würden und dass daher eine sorgfältige Übersetzung und eine gute Sprache besonders wichtig seien."

Von der ersten Nummer 1951 bis 1988 blieb Fuchs die erste Chefredakteurin der Micky Maus. Bis Anfang der siebziger Jahre übersetzte sie fast alle Disney-Geschichten; danach nur noch die des amerikanischen Disney-Zeichners und Onkel Dagobert-Erfinders Carl Barks.

Kongeniales Team

Er und Fuchs galten unter den deutschen Fans als kongeniales Team. Obwohl die Übersetzerin im Alter immer mehr an Augenschwäche litt, übersetzte sie noch bis zuletzt die Klassiker aus dem Werk von Barks, den sie 1994 zum ersten Mal traf.

"Man kann gar nicht gebildet genug sein, um Comics zu übersetzen", verteidigte Fuchs sich auch gegen Kritiker. In der Nachkriegszeit der frühen Fünfziger waren die Bilderheftchen Schmutz- und Schundvorwürfen ausgesetzt, selbst Der Spiegel brandmarkte sie als "Opium in der Kinderstube".

Italienischer Zeichner Scarpa gestorben

Das von Fuchs verantwortete Micky Maus blieb laut Verlag aber von einem damaligen zensorischen Gesetzesentwurf ausgenommen. Der Egmont Ehapa-Verlag erklärte nun, es sei nicht zuletzt der gelungenen Sprachartistik der unter anderem mit dem Heimito von Doderer-Literaturpreis ausgezeichneten Chefredakteurin zu verdanken, dass Micky Maus in Deutschland heimisch wurde: "Der Verlag ist tief betroffen und vermisst mit ihr eine warmherzige und liebe Freundin, deren Ratschläge und intelligenten Anmerkungen uns fehlen werden."

Die Disney-Fans trauern zudem um den italienischen Zeichner Romano Scarpa, der nach Angaben von Ehapa am Samstag im spanischen Fuengirola starb. Der Erfinder von Gitta Gans habe mit Barks und dem Altmeister Floyd Gottfredson zur "Heilige Dreieinigkeit" der Disney-Zeichner gehört.

© AP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: