Deutsch-ägyptische Musik:Rosenheim trifft Kairo

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Das Eröffnungskonzert zum Beginn der Pharao-Ausstellung

Von Oliver Hochkeppel, Rosenheim

Das oberbayerische Weltmusik-Quartett Quadro Nuevo hat schon mehrere Ausstellungseröffnungen des Rosenheimer Lokschuppens begleitet. Nie aber war der Aufwand - und auch der Ertrag - größer als nun beim Eröffnungskonzert von "Pharao - Leben im alten Ägypten". Zu erleben war kein Schnellschuss, keine eilig zusammengestellte Besetzung, wie man es bei ähnlichen Gelegenheiten oft erlebt, sondern das bezwingende Ergebnis einer konsequent ausgebauten, zukunftsträchtigen deutsch-ägyptischen Begegnung. Ein musikalischer Fusionsreaktor, betrieben von Quadro Nuevo, den Cairo Steps und ägyptischen Gastmusikern.

Die Harfenistin Evelyn Huber, der Holzbläser Mulo Francel und der Oud-Spieler Basem Darwisch erzählten die Vorgeschichte zwischendurch selbst. Wie Huber den Jazzpianisten Matthias Frey kennenlernte und mit ihm jammte und improvisierte; wie Frey, zusammen mit Darwisch Gründer der Cairo Steps, daraufhin Quadro Nuevo zu einem Konzert in der Frankfurter Oper einlud; wie man sich dort um 18 Uhr beim Soundcheck erstmals begegnete und um 20 Uhr gemeinsam ein Konzert spielte, das alle als Offenbarung empfanden; wie man im Studio ein gemeinsames Repertoire entwickelte; wie man im Januar Ägypten bereiste und dort in den drei Opernhäusern von Kairo, Alexandria und Damanhour auftrat und musikalisch wie menschlich immer weiter zueinanderfand; und wie man schließlich das gemeinsame Album "Flying Carpet" in Deutschland fertigstellte, natürlich gerade rechtzeitig zum Pharao-Konzert am Dienstag.

Ehrensache, dass der mittlerweile aus gesundheitlichen Gründen ausgestiegene Matthias Frey, sozusagen der Initialzünder, bei drei Stücken als special guest am Flügel saß. Und dass alle Hürden überwunden wurden, einige ägyptischen Musiker zum Gegenbesuch nach Rosenheim zu holen, mit denen man in ihrer Heimat gespielt hatte. Vier Streicher, der verblüffende Ragy Kamal an der Kanun - einer arabischen Kastenzither - und zwei außergewöhnliche Sufi-Sänger: Ali El Helwabi und der blinde Sheikh Ehab Younis, dessen Stimme, aber auch dessen auratische Erscheinung "einem durch Mark und Bein gehen", wie eine Besucherin sagte.

Ob bei Mulo-Francel-Kompositionen mit griechischer oder italienischer Grundierung, ob bei ägyptischen Impressionen von Basem Darwisch, ob bei der genialen Adaption von Eric Saties Gnossienne No. 2 oder bei den in Ägypten entstandenen Stücken wie Evelyn Hubers grandios dahinwogender "Nilade" - stets überzeugte die Zusammenführung von arabischen Klangskalen, -farben und -phrasen mit der Dramatik und Struktur europäischer Musik sowie der solistischen Virtuosität und der Freiheit des Jazz. Etwas wirklich Neues, faszinierend Ineinandergreifendes - alleine die magisch mit Mulo Francels Saxofon harmonierende Nay-Flöte von Rageed William - ist da entstanden, das über die Musik hinaus die Worte Basem Darwischs mit Leben erfüllte: "Musik ist die universelle Sprache, mit der wir uns über alle Differenzen und Unterschiede hinweg verständigen können."

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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