Debattenstoff:Außer Thesen nichts gewesen

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Die Reihe "Monokultur": Keine Klage, aber eine Fortsetzung

Von Jürgen Moises, München

Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat. So steht es in Artikel 3 der Bayerischen Verfassung. Und während es in der Politik gerne mal heißt, man müsse den Rechtsstaat mit allen Mitteln verteidigen, und auch der Sozialstaat ab und zu noch eingefordert wird, hört man eher selten davon, dass jemand vor Gericht den bayerischen Kulturstaat einklagt. Auch Sebastian Schnitzenbaumer wird das nicht tun. Der hatte ja Anfang Oktober noch damit gedroht, als Musiklabel-Betreiber die Stadt München zu verklagen, weil deren kulturelles Image seinem Umsatz schade. Das war eine humorvolle Provokation. Aber sie war immerhin so ernst gemeint, dass Schnitzenbaumer zusammen mit dem Münchner Juristen Eckhard Höffner die Erfolgsaussichten dafür durchging.

Die Aussichten, vor Gericht zu obsiegen, sind - kaum überraschend - schlecht. Das war nun bei der letzten Veranstaltung der Reihe "Monokultur" am Montagabend in der Favorit-Bar zu erfahren. Und deswegen - das war wiederum überraschend - haben Schnitzenbaumer und Höffner auch keine persönliche Klageschrift präsentiert. Sondern ein sechsseitiges Papier, das die juristisch belegbaren Pflichten des Freistaates Bayern für eine Förderung der kulturellen Vielfalt aufzählt sowie eine Auflistung von Argumenten dafür, dass die Stadt München diese Pflichten derzeit nicht erfüllt. Weil sie, so Höffners Argumentation, "Leuchtturmprojekte" statt der breiten Vielfalt fördere. Weil sie, ähnlich wie bei Start-ups, die Kulturförderung nur noch als Starthilfe begreife und insgesamt fast nur noch Wirtschafts- statt Kulturpolitik betreibe.

Diesen Vorwurf hörte man immer wieder auch bei den anderen Veranstaltungen der Reihe - mit dem Begriff der "Kultur- und Kreativwirtschaft" als einer Art Feindbild. Weil hier von der Kunst über den Rundfunk bis hin zum Software-Markt alles im selben Topf landet. Und warum die Stadt Software-Firmen als Kultur fördert. Warum sie Kunst-Ateliers an Designer vergibt. Oder warum sie "Leuchttürme" wie die Kammerspiele oder das Filmfest weit stärker unterstützt als etwa die freie Szene. Solche Fragen sind in einer Demokratie durchaus erlaubt und auch berechtigt.

Genau diese Fragen in nächster Zukunft noch erheblich selbstbewusster zu stellen, dazu soll Eckhard Höffners Thesenpapier ermächtigen. Auch wenn, das machte der Jurist gleichsam klar, die juristischen Mittel doch recht beschränkt sind. Auf eine Klagewelle muss sich die Stadt München also derzeit noch nicht einstellen, auf weiteren Gegenwind aber schon. Denn aufgrund des großen bisherigen Zuspruchs, aber auch weil einige Aspekte zu kurz kamen, ist eine zweite Staffel der "Monokultur"-Reihe bereits in Planung. Genaueres dazu und alles zu den bisherigen Beiträgen soll man demnächst auf mono-kultur.org erfahren können.

© SZ vom 07.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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