Das ist schön:Zum Anfang ein Rätsel

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Über die Frage, wer das nächste Literaturfest München kuratiert

Von Antje Weber

Noch ist das Jahr ein fast unbeschriebenes Blatt. Tag für Tag füllt sich die Seite mehr, wenn auch vorläufig mit vielen Fragezeichen. Denn jedem Anfang wohnt nicht nur im besten Fall der berühmte Zauber inne: Manchmal ist es vom Zauber zum Rätsel nicht weit.

Um nun diesen kleinen Text nicht über Gebühr zu verrätseln: Im Literaturhaus fand in dieser Woche der traditionelle Neujahrsempfang statt, und Chefin Tanja Graf gab den Gästen dabei eine erste Denksportaufgabe mit ins Jahr, was Personalien betrifft. Es sind ja so einige Neuberufungen in der Stadt zu erwarten: Im Haus der Kunst sucht man derzeit eine neue Leitung, im Stadtmuseum auch, und in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste wird ebenfalls ein neuer Präsident oder eine Präsidentin gekürt. Im Bereich Literatur steht zum einen im Kulturreferat ein Abschied samt Umorganisation an. Zum anderen wird bald, und damit wären wir wieder im Literaturhaus angelangt, der neue Kurator oder die Kuratorin für das Literaturfest 2019 bekanntgegeben.

Und hier nun die spärlichen Informationen von Tanja Graf dazu, auf dass jeder selbst weiterrätseln kann: Das Literaturfest findet in diesem Jahr zum zehnten Mal statt, und man will zum Jubiläum offensichtlich mit einem besonders starken Programm glänzen. Der Kurator - die Zeichen deuten auf einen Mann hin - soll laut Graf sehr prominent sein, und er soll sich bestens mit dem Thema Mauerfall auskennen, der sich im November zum 30. Mal jährt. In allen denkbaren Facetten soll dieses Freud wie Leid vereinende deutsch-deutsche Thema vom 13. November bis 1. Dezember das Forum:Autoren inspirieren. Wer da wohl angeblich schon zugesagt hat?

Ein Favorit ist sicher Ingo Schulze, einer der nicht gerade wenigen Chronisten der Wiedervereinigung. Volker Braun hat in "Der Wendehals" mit dem entsprechenden Phänomen abgerechnet, doch er geht wie andere Kandidaten bereits auf die 80 zu. Wahrscheinlicher ist da schon, dass man an Thomas Brussig gedacht hat, den Schöpfer des erfolgreichen Romans "Am kürzeren Ende der Sonnenallee", von Leander Haußmann mit kürzerem Titel noch erfolgreicher verfilmt. Der Dresdner Lyriker Durs Grünbein wiederum hat im berüchtigten Streit mit Kollege Uwe Tellkamp im vergangenen Jahr eine gute Figur gemacht. Und hat nicht Sven Regener mit "Herr Lehmann" einen der Wenderomane geschrieben, die das Feuilleton lange Jahre herbeisehnte - oder Lutz Seiler mit "Kruso"? Übrigens haben natürlich auch Schriftstellerinnen von Jana Hensel bis Julia Schoch sehr klug über die Folgen der Wiedervereinigung geschrieben, sie werden hoffentlich zumindest auf diverse Podien geladen werden.

Und wenn all diese Überlegungen falsch sind? Auch egal, denn: Rätseln hält geistig beweglich; nach viel Weihnachtsgebäck kommt jeder (Denk-)Sport recht. In einigen Wochen wissen wir ohnehin mehr; dann wird aus einem der Fragezeichen des neuen Jahres ein Ausrufezeichen. Bis dahin heißt es warten, nach dem Motto: Spekulation statt Spekulatius. Schön, schön!

© SZ vom 12.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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