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Was Tanja Graf als neue Leiterin im Literaturhaus bewegt

Von Antje Weber

"Hier bin ich" - so heißt der aktuelle Roman von Jonathan Safran Foer, und so war auch seine ausverkaufte Lesung im Literaturhaus überschrieben. Hier bin ich - so könnte man auch die Außenwirkung der seit einem guten halben Jahr amtierenden Literaturhauschefin umschreiben. Trifft man Tanja Graf, so erzählt sie nicht nur, wie viel Spaß ihr der neue Job mache, sie strahlt es auch aus. Und das Programm von ihr und ihren Mitarbeiterinnen ist, man muss das jetzt mal laut sagen, bisher auch richtig gut.

Nein, hier sollen keine Zeugnisnoten verteilt werden, auch wenn das in diesen Tagen naheliegen mag; an den Schulen sind die Ferien eingeläutet, das erste Halbjahr ist geschafft. Doch eine Zwischenbilanz kann man nach einem opulenten Herbst- und Winterprogramm mit der Aussicht auf ein ebenso anregendes Frühjahr schon ziehen. Selbstverständlich war auch unter Grafs Vorgänger jede Menge geboten. Doch es ist bereits spürbar, dass sie ein paar Akzente anders setzt - und dass dies den Reiz der Vielfalt noch erhöht. Beispiele? Erkennbar hat Graf, selbst ehemals Verlegerin, ein Herz auch für kleine Verlage. Immer öfter bietet das Haus auch am Wochenende Lesungen; das ist kundenorientiert, angesichts nicht allzu vieler Mitarbeiter wohl auch ein Kraftakt. Münchner Autoren von Dagmar Leupold bis Barbara Bronnen kommen ebenfalls stärker zum Zuge. Überhaupt sind, falls das Gefühl nicht täuscht, deutlich mehr Autorinnen eingeladen. Das ja ebenfalls mehrheitlich weibliche Publikum wird mit zusätzlichen kulinarischen Angeboten wie Apéritifs littéraires verwöhnt, und nicht nur hier schlägt Grafs Liebe zum romanischen Sprach- und Lebensraum durch.

Natürlich ist noch manches ausbaufähig; die von Graf verheißene Jugendliteratur zum Beispiel ist noch nicht am Salvatorplatz angekommen. Neugier und Offenheit sind jedenfalls spürbar, auch für neue Kooperationen und Kombinationen von Autoren oder Genres: Dass hier demnächst Poetry Slammer gegeneinander antreten, sich erstmals Dichter wie Said und der Syrer Yamen Hussein austauschen, sind Zeichen dafür. Wenn Graf so weitermacht, wird eines Tages vielleicht sogar noch eine kühne Vision wahr: ein Literatur-Dachcafé, in dem man mit Blick auf ganz München hochfliegende Gedanken entwickeln könnte. Wäre das nicht schön?

© SZ vom 25.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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