Das ist schön:Die Politik rockt endlich mit

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Notizen vom ersten Münchner Popmusik-Hearing

Von Michael Zirnstein

Man hätte im Vorfeld schon darauf kommen können, dass Kreative per definitionem kreativ sind. Man muss Künstlern ihre Ideen nicht mit Luftballons, Buntstiften, Kreppklebeband und Schaschlikspießen entlocken wie Grundschülern. Design-Think-Tank-Methoden mögen in der rechten Hirnhälfte verschorfte Top-Manager mit Killerinstinkt zu Spielkindern werden lassen, Kunstschaffende hingegen wünschen sich mehr Ernsthaftigkeit und verbindliche Gespräche, wenn es um ihre Existenz geht. So waren denn nicht alle Teilnehmer superhappy mit dem Bällebad-artigen Ablauf des ersten großen Pop-Hearings, in dem die Stadt München die Bedürfnisse der Musikszene ermitteln wollte, die sie dank ihrer eigenen Fachstelle Pop eigentlich schon kannte. Auf Facebook äußerten einige ihren Unmut nebst Fotos der Basteleien aus ihren Arbeitsgruppen ("Pop-Haus", "Musik-Oktopus mit freien Fischen", Sponti-Spruch-Plakat "Jammen statt Jammern"). Eine Szene-Bloggerin schrieb: "Mit dem Geld, das man hierfür einer Berliner Agentur bezahlt hat, hätte man ein schönes Festival veranstalten können."

Ja. Ja. Ja. Aber: Es kam doch einiges zusammen. Etwa 100 Aktive - Musiker, Veranstalter, Verleger, Manager und Medienleute, die auch in den Kaffeepausen neue Kontakte knüpften. Und mögen die erbrachten Wünsche (mehr Platz, mehr Geld, mehr Gerechtigkeit) auch längst klar gewesen sein, vor allem der neuen Leiterin der Fachstelle Pop, Julia Viechtl, so liegen sie nun von Künstlerhand schwarz auf weiß oder besser: bunt auf Plakat geballt vor und werden - Kulturreferent Hans-Georg Küppers hat's versprochen - noch 2019 bearbeitet.

Die Grünen haben gerade im Kulturausschuss mehr Geld für die Subkultur verlangt. Der Oberbürgermeister hat diese Woche immerhin schon mal sein Büro für ein geheimes Popkonzert zur Verfügung gestellt und ausrichten lassen, es wäre schön, wenn mehr Münchner ihre Wohnzimmer für Konzerte freimachten. Nun: Wie ist es dann mit dem Lärmschutz? Kommt dann das städtische Reinigungspersonal vorbei und macht sauber? Wer wohnt schon im Büro? Ja. Ja. Ja. Aber: Die Politik rockt endlich mit, und das ist schön.

© SZ vom 08.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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