Das ist nicht schön:Förder-Unsinn

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Zum Verhältnis von technischem und künstlerischem Inhalt

Von Christiane Lutz

Kunst und Bürokratie bringt man naturgemäß nicht unbedingt zur Deckung. Im Gegenteil: Die Sinnlichkeit der Kunst scheint ganz im Gegensatz zur Welt dröger Antragsvordrucke zu stehen. Dass die beiden aber sehr wohl zusammen gehören, sich sogar bedingen, daran erinnert die Stadt München regelmäßig alle freien Tanz- und Theatermacher, wenn die Anträge zur Projektförderung fällig sind.

Am 1. Dezember ist es so weit, da ist Deadline. Da werden im Kulturreferat wieder jede Menge Anträge zur Unterstützung diverser solcher Unternehmungen eingetrudelt sein. Jedes Papier wird, wie vorgeschrieben, in 13-facher Ausführung vorliegen. Drei Anträge bleiben beim Kulturreferat, zehn gehen an die Jury, die mitbestimmt, welche Projekte 2016 von der Stadt gefördert werden. So weit, so aufwendig. In diesem Jahr aber hat das Kulturreferat den Antragsvordruck um zwei Seiten erweitert, auf denen Künstler und Produktionsbüros anfallende Reisekosten detailliert aufschlüsseln sollen. Also wann Künstler A für Summe B von C nach D fährt und warum. Wohlgemerkt: Es handelt sich dabei um Projekte, die noch nicht mal bewilligt sind. Denkbar schwierig, das korrekt auszufüllen. Es kommt ja auch kein Mensch auf die Idee, für eine noch nicht gebuchte Reise schon die Zugtickets für einen Ausflug am Zielort zu kaufen. Aber gut, Bürokratie halt, auf die angegebenen Zahlen werden die Künstler später hoffentlich nicht festgenagelt. Und schließlich gibt es im Idealfall bis zu 100 000 Euro Fördergelder.

Bemerkenswert ist hier, dass es auf dem Formular keinen Posten für Ausgaben für Nicht-Münchner-Künstler gibt, wie etwaige Übernachtungskosten. Man geht wohl davon aus, dass Münchner Künstler auch nur mit anderen Münchner Künstlern zusammenarbeiten. Das ist natürlich völlig unrealistisch und wäre für die Szene auch alles andere als gesund. Also quetscht man diese Posten in den kleinen Bereich "Sonstige". Dann darf der Antragsteller sein Projekt in ganzen 6000 Zeichen vorstellen, das entspricht etwa zwei DIN A 4-Seiten. Somit übersteigt die administrative Arbeit den künstlerischen Inhalt um ein Vielfaches. Die Produktionsbüros stöhnen. Sie müssen's mit Humor nehmen. Aber schön ist das nicht.

© SZ vom 28.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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