Das Beheste im Mann:Rat 19 bis 21

Lesezeit: 6 min

Von Rainer Erlinger bis Marlene Streeruwitz

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So lindern Sie Not und Elend auf der Welt

Das wirkungsvollste Vorgehen bei dieser Aufgabe dürfte wahrscheinlich sein, unumschränkter Weltherrscher zu werden und mittels der dann zur Verfügung stehenden Macht Not und Elend umfassend zu bekämpfen. Zudem hätte dieses Vorhaben den Vorteil, dass schon das Erstreben der Weltherrschaft als ungemein männlich empfunden wird, vom tatsächlichen Erlangen ganz zu schweigen. Das Ganze muss auch nicht gewaltsam erfolgen. Wenn es Ihnen gelänge, einen Weltrettungsplan zu entwerfen, der so gut ist, dass alle Menschen und Länder ihm zustimmen und Sie zum Weltherrscher wählen, wäre dagegen nur wenig einzuwenden. Andererseits ist die Wahrscheinlichkeit, dass Sie Ihr Ziel erreichen, so gering, dass Sie sich einen Plan B zurechtlegen sollten. Hier würde ich aber nicht dasselbe Prinzip etwas kleiner anwenden, indem Sie etwa sehr männlich am Zaun des deutschen Kanzleramtes rütteln und "Ich will hier rein" rufen. Eher empfehle ich einen Alternativplan im kleineren Maßstab, bei dem die Wirkung umso sicherer ist. Mit ein paar Euro zu Gunsten von Hilfsorganisationen kann man nicht nur in armen Ländern, sondern auch hier viel bewirken. Wirklich gefordert werden Sie aber, wenn es um etwas Persönliches geht, das sich nicht per Überweisung erledigen lässt. In unserer Gesellschaft gibt es viele Menschen, die Hilfe benötigen. In der Regel finden Sie sie in der direkten Nachbarschaft; Sie können aber auch die nächste Sozialstation oder Pfarrgemeinde fragen. Allerdings ist es keine PR-Aktion und keine Aufbaupackung fürs Ego, sich so zu engagieren. Es sollte einfach Hilfe sein. Rainer Erlinger, 38, ist Jurist und Mediziner. Jede Woche beantwortet er im "SZ-Magazin" eine "Gewissensfrage".

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So verschenken Sie Schmuck

Männer beim Schmuckkauf - oh je, eine schwierige Angelegenheit. Weil sie meistens keine Ahnung haben, was ihrer Frau gefällt. Dabei gibt es einen einfachen Trick, wie Sie den Geschmack einer Frau ermitteln können: Schauen Sie, was sie schon für Schmuck trägt! Gelbgold oder Weißgold? Diamanten, Edelsteine oder Perlen? Und dann, um Himmels willen: Bleiben Sie dabei! Denken Sie nicht: "Ach, sie hat doch schon was in Weißgold mit Diamanten, dann nehme ich jetzt Rotgold mit Saphiren." Das geht schief, denn es ist fast unmöglich, Schmuck zu mischen. Der zweite große Fehler, den Männer beim Schmuckkaufen machen: Sie wählen etwas Großes, Buntes. Aber ich sage Ihnen: Sie machen sich lächerlich. Eine Frau weiß den Wert eines kleinen Diamanten im Gegensatz zu einem großen Rubin sehr genau einzuschätzen. Als Überraschungsgeschenk empfehle ich einen Ring oder ein Armband, kein Collier. Die Länge eines Colliers muss genau angepasst werden, weil Frauen ihren Ausschnitt unterschiedlich offen tragen. Jungen Frauen sollten Sie keine Perlen schenken, das wirkt schnell konservativ, außerdem dürfen Perlen nicht mit Make-up und Parfum in Berührung kommen, sonst leidet die Oberfläche. Wenn die Frau bisher noch keinen Schmuck trägt, gebe ich Ihnen folgenden Rat: Kaufen Sie keine Edelsteine oder Halbedelsteine, die sind zu stark abhängig von Mode und Geschmack. Kaufen Sie eher Weißgold als Gelbgold; wir sind nämlich gerade in einer Weißgoldphase. Und lassen Sie sich Zeit mit der Entscheidung. Ich habe neulich zwei Wochen in einem Hotel im Mittleren Osten warten müssen, bis ein Scheich sich endlich entschieden hatte. Ich wollte schon abreisen, da hat er in letzter Minute doch drei Sets genommen, jeweils Ohrringe, Uhr, Collier und Ring. Für ihn war das Schmuckkaufen allerdings ein bisschen komplizierter: Er hat drei Frauen. Rolf Kruschel, 60, betreut bei Chopard die VIP-Kunden des Unternehmens: Königshäuser, Scheichs und Stars wie Elton John oder Elizabeth Taylor.

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So erkennen Sie sich selbst

Beim Italiener. Sie hat das Glas Weißwein ausgetrunken. Er den Rotwein. Nach langem Schweigen: Er: "Und? Noch etwas Süßes?" Sie: "Ist das deine Antwort? Noch etwas Süßes? Noch etwas Süßes? Unsere Beziehung ist am Ende, weil du nie mehr Zeit hast. Ich bin total unglücklich. Mit deinem Mietbeitrag bist du jetzt schon fünf Monate zurück. Wir sollten uns trennen. Und du fragst, ob ich etwas Süßes..." Er: "Aber, Schatz. Ich liebe dich doch." Er winkt dem Kellner. Typisch Mann, könnten Frauen zu einem solchen Dialog sagen. Dass das typisch weiblich sei, könnte er feststellen. Und zufrieden, dass es bei den Geschlechterstereotypen keine Veränderungen gibt, könnten alle wieder zur Tagesordnung zurückkehren. Männer und Frauen. Die reden aneinander vorbei. Das ist eben so. Das ist normal. Und diese Normalität bestimmt die Welt. Mit dem Geschlecht sind Eigenschaften verbunden. Mit dem Geschlecht wird ein bestimmter Platz zugewiesen. Wie gesagt, das ist so. Und weil das immer so gewesen ist, muss weiter kein Gedanke daran verschwendet werden. Denn es hat sich doch ohnehin so viel verändert. Jedenfalls für die Frauen. Zum Besseren. Oder? Dieser Widerspruch, dass einerseits Männer und Frauen diese unveränderlichen Eigenschaften haben und dass sich andererseits so viel verändert habe. Dieser Widerspruch hält die Ratgeber- und Lebenshilfesparten am Leben. Die Kunst. Alles, was über das Leben kommuniziert, ist mit diesem Widerspruch beschäftigt. Die Frage ist dann, wie sich diese festgelegten Eigenschaften zu den Veränderungen verhalten. Wie die Statistiken zeigen, siegt das Unveränderliche. Männer helfen weniger im Haushalt und verdienen weiterhin deutlich mehr. Weiterhin. Das kann man nun im Sinne der festgelegten Normalität auf die Männer beziehen. Dann ist es männlich, nicht im Haushalt mitzuhelfen und mehr zu verdienen. Dann werden die Dialoge so bleiben wie bei unserem Beispiel. Es wird aneinander vorbeigeredet. Es wird über verschiedene Realitäten gesprochen werden. Kommunikation entsteht nicht. In einem Straßencafé. Er: "Ich kann das nicht. Ich kann mir das nicht leisten. Du stellst dir das zu einfach vor." Sie: "Aber der Pippo braucht diese Zahnspange. Und er braucht sie jetzt. Und du bist verpflichtet. Und deine Freundin, die kannst du dir auch leisten." Er: "Verpflichtet. Du weißt, dass ich immer ein guter Vater gewesen bin. Aber alles kann ich auch nicht leisten." Sie steht auf und geht. Heute ist wieder mehr zu hören, dass das eben doch stimme. Das mit diesen unverrückbaren Eigenschaften. Doch das verdeckt die Grundstruktur. Über dem Gerede, was männlich und was weiblich ist, kann übersehen werden, dass diese jeweils zugeschriebenen Eigenschaften weiterhin Macht oder Nicht-Macht bedeuten. Was hinter der dicken Kulisse des Geschlechterkitsches von männlich und weiblich wirklich steckt, ist ein Herr-und-Knecht-Verhältnis, das dem Herrn erlaubt, ganz unwissentlich Herr zu sein. Ja. Um angepasst funktionieren zu können, weiß ein Mann weiterhin besser nicht, wer und wie er ist. Der Mann in unserem Beispiel ist sicher, ein guter Vater zu sein. Das kann er. Die Gesellschaft verlangt von Männern keine Übereinstimmung von Reden und Handeln. Nicht im Privaten. Dieser Mann wird die Zahnspange nicht zahlen. Er kann die Alimente vergessen. Er kann die Treffen mit dem Kind absagen. Er wird immer in der Lage sein, sich als guter Vater zu sehen. Im Verhältnis Herr und Knecht muss der Herr nichts von sich wissen. Der Herr funktioniert sogar besser, wenn er sich nicht kennt. Der Knecht dagegen muss den Herrn und sich selber kennen, um richtig reagieren zu können. Auf das Verhältnis von Männern und Frauen übertragen bedeutet das, dass die ganze Liebesarbeit, die Frauen leisten, das Männliche erhalten hilft. Der Ausweg aus einem so simplen und deshalb so brutal wirksamen Prinzip kann immer nur das Sich-Entziehen sein, zuerst einmal, indem man fragt, was dieses Zweiersystem von Geschlecht für einen selbst bedeutet. Dazu muss die Frage nach der eigenen Rolle in diesem so unwissentlich selbstverständlichen Herrschaftsgefüge der Geschlechter geklärt werden. Diese Rollen sind nie so eindeutig, wie es scheinen mag. Und es wird herauszufinden sein, wann Männer oder Frauen in welchen Sprachen gesprochen haben. Sprachkritik ist also der erste Schritt. Das ist einfach. Das bedarf nur der Überprüfung des Gesprochenen an der Wirklichkeit. Ist dieser Mann, der die Zahnspange nicht zahlen will, wirklich der gute Vater, für den er sich hält? Kann der Mann, der nicht zuhört und seinen Mietanteil nicht zahlt, von Liebe reden? Und von da an führt die Überprüfung weiter, als ein stetes Tasten nach sich selbst. Ein Herausfinden, wo dem Mann und manchmal der Frau vorgegaukelt wird, ein Subjekt zu sein, und die Wahrheit doch längst ist, dass er so wie sie schon immer Objekt seiner Umstände wurde. In der Entdeckung von "anderen" und ihren Bedürfnissen läge dann die Chance, auf die eigenen Bedürfnisse zu stoßen. Aber. Das ist ein langer Weg. Das bedingt lebenslängliche Aufmerksamkeit. Viel Mühe und wenig Lohn und viel Erkenntnisekel. Und Glück kann nicht versprochen werden.

Marlene Streeruwitz, 53, ist Schriftstellerin und Regisseurin. Zuletzt erschienen der Roman "Partygirl" und der Essayband "Tagebuch der Gegenwart".

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