Comic:Klipp, katalopp und 'ände 'och

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Lucky Luke, der legendäre Mustercowboy, tritt zum ersten Mal ohne seinen geistigen Vater Morris an - im neuen Album "Schikane in Quebec", verbeugt sich Nachfolger Achdé mit grazilem Strich und typischen Gags vor dem Lucky-Luke-Erfinder.

Von Titus Arnu

Lucky Luke muss sich warm anziehen. Der Cowboy ist zwar obercool, aber auch wieder nicht so cool, um es in Eis und Schnee auszuhalten. In seinem neuen Abenteuer "Schikane in Quebec" reitet der einsame Kämpfer gen Norden. Er war ja schon immer ein poor lonesome cowboy, aber dieses Mal ist es besonders hart.

Die vier Herren links haben noch lange keine Ruhe - Mustercowboy Lucky Luke trabt auf zu neuen Abenteuern. (Foto: Foto: dpa)

Denn erstens schneit es dauernd in Quebec. Zweitens essen die Leute dort Biber mit Johannisbeersoße. Drittens sprechen sie Französisch. Und viertens ist Lucky Luke zum ersten Mal ohne seinen geistigen Vater Morris unterwegs.

Bereits 1946 entwarf der belgische Zeichner Maurice de Bévère alias Morris einen Cowboy mit Blue Jeans, gelbem Hemd und weißem Hut für die Zeitschrift Spirou. Die skurrilen Figuren seiner Geschichten - allen voran Lucky Luke auf seinem Schach spielenden Pferd Jolly Jumper - sind Karikaturen bekannter Wild-West-Helden wie Billy the Kid oder Buffalo Bill. Die Geschichten drehen sich oft um historische Dinge wie die Siedlertrecks, den Goldrausch oder die Einrichtung der Telegraphenleitungen.

Die Väter des Cowboys weilen in den ewigen Jagdgründen

Der Zeichner Morris starb 2001 und hinterließ 61 sehr unterhaltsame Lucky-Luke-Alben sowie die Frage, ob Lucky Luke auch sterben muss. Den Tod des genialen Texters René Goscinny, der 1977 starb und seine Kinder Asterix und Obelix weitgehend witzlos zurückließ, hatte Lucky Luke noch verkraftet.

Das lag an Morris, der ein detailverliebtes und ironisches Bild des Wilden Westens zeichnete. Wenn Lucky Luke durch die Prärie reitet, machen die Hufe von Jolly Jumper, Lucky Lukes treuem Gaul, "Katalopp! Klipp! Klopp!". Es knallen - Peng! - die Colts und es klatschen - Klops! - die Fäuste ins Gesicht des Gegners. Die Prärie lebt, der Leser hört die Geräusche, riecht den Staub und spürt die Sonne brennen. Lucky Luke ist ein Mustercowboy, der genau den Job macht, den Cowboys eben machen müssen: Viehdiebe stellen, hilfsbedürftige Ladys beschützen, Falschspieler entlarven, gefährliche Killer entwaffnen.

Dass Lucky Luke keinen Alkohol trinkt, mit dem Rauchen aufgehört hat und stattdessen auf Placebo-Strohhalmen herumkaut, macht ihn nur noch glaubwürdiger - und hat ihm nebenbei einen Preis der Weltgesundheitsbehörde WHO eingebracht.

Lucky Luke zählt wie Asterix oder Donald Duck zu den Comic-Klassikern schlechthin. Übersetzungen der Alben sind in über 20 Sprachen erschienen. Mehrere Kinofilme sowie eine Zeichentrickserie unterstreichen den Erfolg. Dass dieser altmodische Held der westlichen Welt überhaupt noch so viel gelesen wird (Gesamtauflage in Deutschland über 30 Millionen), ist eine erstaunliche Sache.

Comic versus Computer

Denn Comic-Cowboys gehören mittlerweile nicht mehr zu den hippesten Figuren. Computerspiele, Internetforen und Handys sind wirtschaftlich weitaus interessantere Medien als Comics. Trotzdem wollte der französische Verlag Dargaud, bei dem die Lucky-Luke-Alben erschienen sind, den legendären Cowboy nicht sterben lassen. Als Nachfolger des verstorbenen Altmeisters Morris engagierte der Verlag den Zeichner Achdé (Hervé Darmenton), die Texte stammen von Laurent Gerra.

Im Album "Schikane in Quebec", das eben auf Deutsch erschienen ist (Egmont Ehapa Verlag, 8,60 Euro), verbeugt sich Achdé mit grazilem Strich und typischen Morris-Gags vor dem Lucky-Luke-Erfinder. Die Geschichte ist voller Anspielungen, wie sie der Meister nicht besser hätte bringen können. Im Saloon "Zum Karibu" jault die Chanteuse Celine Dion.

Ein gewisser Bernard Henry Levy Strauss zieht Nietzsche und Schopenhauer zitierend durchs Land und verkauft Hemden und Blue Jeans. Die Guten werden gerettet, die Bösen geteert, gefedert und mit Ahornsirup übergossen. Am Ende kann Lucky Luke mit der Gewissheit heimreiten, dass er kein Auslaufmodell ist. Und mit einem Lied auf den Lippen: "Isch bin eine arme einsame Ku'treiber und weit weg von zu 'aus..."

© SZ vom 05.10.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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