Christiansen-Nachfolge wieder offen:Hart aber schwer

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Nach der Absage von Günther Jauch wird in der ARD weiter nach einem Schwergewicht im Polittalk gesucht. Drei mögliche Nachfolger arbeiten bereits im Haus.

Michael Jürgs

Es ist eher unwesentlich, welcher Intendant, und sei er auch vom bedeutenden Saarländischen Rundfunk, die ARD als Großer Vorsitzender vertritt, dagegen eher wesentlich, wer auf dem Bildschirm für das Image des Ersten steht.

Lachender Zweiter Frank Plasberg? Die Frage der Christiansen-Nachfolge ist wieder offen. (Foto: Foto: dpa)

Das Bild ist in jüngster Vergangenheit zu oft geprägt worden von Skandalen wie Schleichwerbung und unsäglichen Debatten wie jener Diskussion, ob Günter Struve gleich nach Los Angeles gehen oder noch zwei Jahre länger das Programm bestimmen soll. Da der Quoten-Jäger von seinen zahlreichen Gegnern mehr weiß als die von ihm, blieb er im Amt.

Dass ohne Jauch die ARD-Welt nicht untergehe, wie der Vorsitzende Fritz Raff im Spiegel dieser Woche verkündete, ist richtig. Aber wer zum falschen Zeitpunkt so etwas von sich gibt, statt sich in diskreter Bescheidenheit um die Unterschriften für den von seinem Vorgänger, NDR-Intendant Jobst Plog, ausgehandelten Vertrag zu kümmern, ist Teil des ARD-Problems, nicht Teil der Lösung.

In dem unterschriftsreifen Papier, das Jauchs künftige Aufgaben regelte, stand zum Beispiel, dass er seine umstrittenen Werbeverträge, mit deren Erträgen in Potsdam manch Kirchlein und manch Tor aufgebaut wurde, entweder bereits gekündigt hatte oder zum Ende des Jahres auslaufen lassen würde.

Vorwärts immer, rückwärts nimmer — so lautete einst eine der gängigen Parolen im untergegangenen System der DDR. Nicht alles war schlecht, was dort schlecht gemanagt wurde. Das Motto zumindest klingt gut. In die Ferne zu schweifen, liegt zwar nah, aber innerhalb des Systems ARD gibt es nahe liegende Gute für den Sonntag.

Drei Lösungen bieten sich an:

Die nicht erstbeste, aber fürs Erste beste ist Frank Plasberg, Moderator der kontroversen erfolgreichen WDR-Talkshow Hart aber fair, die bald zum 200. Mal ausgestrahlt wird in Quoten, von denen selbst Volksmusikanten nur träumen können. Von wegen also, die Zuschauer wollten lieber jodelnde Lemuren statt in die Enge getriebener Generalsekretäre von SPD, FDP oder wie zuletzt CSU.

Bisher haben unterschiedliche ARD-Granden mit Erfolg verhindert, dass Plasberg aus dem Dritten ins Erste wechseln durfte, wo man gerade am Sonntag einen von Berliner Event-Tatorten und Politkommissaren nicht korrumpierbaren Journalisten dringend gebraucht hätte.

Da Plasberg eine eingespielte und journalistisch erstklassige Redaktion hinter sich weiß, was manche Moderatoren mancher ARD-Politmagazine bei ihrer Arbeit schmerzlich vermissen - und aus Loyalität zu ihrem Sender dennoch Kritik schweigend ertragen müssen -, ist Plasberg vielleicht sowohl am Sonntag als auch am Mittwoch einsetzbar. Sowohl als Nachfolger von Christiansen als auch weiterhin als Dompteur der Hart aber fair-Runde.

Eine andere Lösung, mit der einige schon länger schwanger gehen, ist Sandra Maischberger. Im Herbst ist die dann immer noch junge Mutter wieder einsetzbar, und dass sie fragen kann, hat sie bei n-tv bewiesen. Ihre jetzige Dienstagshow Menschen bei Maischberger hat zwar eine gewisse leichtfüßige Form gefunden, ist aber noch immer nicht das für Sandra Maischberger passende Format.

Ihren bisherigen Sendeplatz müsste dann Harald Schmidt übernehmen, der sich eh eigenen Angaben zufolge überbezahlt und unterfordert fühlt. Eine inhaltliche Idee für Menschen bei Schmidt braucht es allerdings auch. Reizvoll die Idee, dass sich bei ihm alle jene treffen, die sich bei den verschiedenen anderen Talkshows der Woche aus dem Weg gegangen sind.

Dritte Alternative auf dem Karussell der Möglichkeiten: Ulrich Wickert. Seine bald mitternächtliche Büchersendung müsste der TagesthemenPensionär dann zwar aufgeben, doch wer ihn kennt, der weiß, dass ihn dies nicht so sehr trifft. Am Sonntagabend nach dem Tatort eine politische Runde zu moderieren, fordert ihn noch einmal heraus, und niemand bezweifelt, dass er es kann.

Schön dabei auch die Vorstellung, wie er am Ende seiner Runde auf die dann folgenden Tagesthemen mit seinem Nachfolger Tom Buhrow, der seiner bewiesenen Klasse als Reporter in der neuen Rolle noch hinterher läuft, überleiten wird.

Wer auch immer es wird: NDR-Chef Jobst Plog ist seit Donnerstag wieder auf der Suche. Er ist der Meinung, dass es seine Suche ist, und vermutlich hat er schon einen Kandidaten. Und Günther Jauch wird, wenn es soweit ist, es sich nicht entgehen lassen, die alte und die neue Sabine als Gäste zu Stern TV einzuladen.

© SZ vom 12.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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