Bush und seine Öko-Farm:Der grüne Bush

Lesezeit: 3 min

Zu schön, um wahr zu sein? George W. Bush, vehementer Verweigerer des Kyoto-Protokolls, residiert seit Jahren heimlich, still und leise in einem vorbildlichen Ökohaus. Und ist oberster Anwalt der Grasmücken.

Christine Brinck

Die Stadt Chicago wird endlich grün, war unlängst auch in dieser Zeitung zu lesen. "Green Roofing" heißt das Begrünungsprogramm auf den Dächern der Millionenstadt, mit dem Bürgermeister Richard Daley Kohlendioxyd aus der Atmosphäre saugen will.

Sein Kollege Michael Bloomberg will New York zur Ökohauptstadt der Welt machen, und der republikanische Gouverneur Arnold Schwarzenegger setzt seine mobilen "Hummer"-Monster-SUVs per Umrüstung auf Benzin-Diät. Das ist für Europäer und vor allem für Deutsche so überraschend, weil die Amis doch grundsätzlich Energieverschwender und Naturvernichter seien.

Doch so neu ist das alles nicht. Müll wird in vielen amerikanischen Bundesstaaten schon seit Jahrzehnten getrennt, Dosen und PET-Flaschen werden seit ebenso vielen Jahren mit Pfand belegt, können aber praktischerweise in jedem Supermarkt und Drugstore zurückgegeben werden (was so manchem Sammler unter den Obdachlosen ein Auskommen sichert).

Die Sierra Clubs wurden vor den Alpenvereinen gegründet, allerorten wurden seit den achtziger Jahren Bauprojekte gestoppt, weil sie Vögeln und Kröten den Wohnraum zu rauben drohten. Die interessanteste Kunde aus den Vereinigten Staaten hat aber mit George W. Bush zu tun, dem Klimakiller Nr. 1 und definitiven Gottseibeiuns aller ökologisch Korrekten.

Leise, ganz leise

George Bush wohnt seit 1999 in einem Ökohaus. Mittlerweile hat er es durch Um- und Anbauten auf den neuesten Stand der Energieeffizienz gebracht. Der Präsident, der dem Kyoto-Klimaschutzabkommen die Unterschrift verweigert hat, baute sich die bescheidene Bleibe, als Bill Clinton noch regierte und Arnie die Muskeln spielen ließ. Bush junior tat's leise, ohne Fanfare und PR-Aufgebot. Mitten im cowboymäßigen Texas hat er sein Öko-Heim gebaut - wo es heiß und windig ist, auf einem Gelände, wo hundert Jahre lang eine Familie Engelbrecht eine Rinderfarm betrieben hat.

Der Ort heißt Crawford und besteht unter anderem auch aus einer Ampel und 700 Einwohnern. White House West lautet die grandiose Bezeichnung für ein schlichtes, langgezogenes Haus. Der Öko-Architekt David Heyman aus Austin hat auf der 640 Hektar großen Ranch lange nach dem richtigen Baugrund gesucht, aus landschaftlichen wie ökologischen Gründen.

Der Blick nach draußen zeigt im Westen einen uralten Eichenhain, im Norden rollende Hügel, im Osten einen See und im Süden wiederum Hügel. Der perfekte Ort für ein passives Solar-Wind-System.

Heymann beschreibt den Platz wahlweise als "kleinen Sattel" oder als solar bowl - "Sonnenschüssel". Im Winter ist diese Schüssel mit Sonne gefüllt, im Sommer mit Schatten, den die Bäume werfen. Alle acht Räume, die sich über 370 Quadratmeter erstrecken, sind so ausgelegt, dass sie die vorherrschenden süd-südöstlichen Winde zur Kühlung nutzen können. Die vielen bodentiefen Fenster saugen die Winde geradezu auf. Und die Türen zur Veranda sorgen ebenfalls für Durchzug.

Geheizt und gekühlt wird das Haus durch ein geothermisches System, in dem Pumpen das Grundwasser in 100 Metern Tiefe zirkulieren lassen und durch Wärmeaustausch für konstante 19 Grad sorgen. Diese Anlage verbraucht nur ein Viertel der Energie, die von konventionellen Kühl- und Heizsystemen benötigt wird. Es arbeitet geräuschlos, kein Maschinenkrach scheucht die Singvögel auf.

Bush, der einst über staatliche Auflagen zum Schutz seltener Vogelarten geschimpft hatte, ist in Crawford oberster Anwalt der Grasmücken. Dem Landwirtschaftsministerium von Texas versprach er schriftlich, mehrere Morgen Eichenwald zu erhalten, die den trällernden Waldsängern als Nist- und Brutplatz dienen.

Eine unangenehme Wahrheit

Wasser ist in Texas noch kostbarer als Öl. Im Bush-Haus wird kein Tropfen verschwendet. Eine unterirdische Zisterne mit einem Fassungsvermögen von 150 Kubikmetern sammelt das Regenwasser. Das Brauchwasser aus Klos, Waschbecken, Duschen und Küche wird in unterirdische Reinigungstanks geleitet und von dort ebenfalls der Zisterne zugeführt. Von dort aus werden die Blumen und Büsche bewässert.

Al Gore, der durch den Nobelpreis geadelte oberste Klimaschützer Amerikas, kann sich bei Bush vieles abschauen, der sein Haus auch aus dem bunten und billigen Abfall des örtlichen Lueders-Sandstein gebaut hat. Gore lebt in Nashville nicht in acht, sondern in 20 Zimmern - mit geheiztem Swimmingpool und einer gewaltigen Stromrechnung. Sie ist etwa 15-mal so hoch wie die eines normalen Einfamilienhauses . Als diese "unangenehme Wahrheit" rauskam, hämten die Kritiker in Kermit-Manier: "It's not easy to be green." Jetzt rüstet Gore nach, mit Solardach und neuen Fenstern - und auch mit Geothermie.

Das Ehepaar Bush wird auch im Alter nicht nachrüsten müssen. Da das Haus keine Stufen hat, werden elektrische Aufstiegshilfen unnötig sein. Schlicht und unauffällig liegt es in seiner "Sonnenschüssel", ohne die Landschaft zu ruinieren. "Unauffällig" und "grün" - wie passt das in das Bild von Bush, dem 43. Präsidenten? Der Mann und sein Land sind eben immer für eine Überraschung gut.

© SZ vom 11.3.2008/ehr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: