Buchbranche:Ohne Prognose

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In einem Vortrag in der Bayerischen Akademie der schönen Künste analysierte der Verleger Klaus G. Saur die Umbrüche im Buchmarkt. Er fordert von seinen Kollegen Antworten auf die Herausforderung der Digitalisierung.

Von Anna Lea Berg

Seit zehn Jahren stagnieren die Einnahmen im Buchhandel, im Verlagswesen sind sie seit 2008 rückläufig. Geht die Zeit des Buches als Leitmedium zu Ende? Über die Veränderungen des Buchmarkts sprach in dieser Woche Klaus G. Saur in der Bayerischen Akademie der schönen Künste. Saur war jahrzehntelang als Verleger tätig, von 2003 bis 2008 leitete er einen der größten wissenschaftlichen Verlage, Walter De Gruyter. Die Umbrüche im Verlagswesen, den Siegeszug der Open Access Bewegung, die Revolutionierung der Informationskultur durch Google und Wikipedia, die Abschaffung der Kopierabgabe an Verlage durch die VG Wort hat Saur miterlebt.

Darüber hinaus, so Saur, war ein anderes Phänomen besonders wichtig. 2000 wurde in Norderstedt, in der Nähe von Hamburg, der Verlag Books on Demand (BoD) gegründet, der Publikationen für Verlage und Selbstpublizierende anbietet. Die Erfindung des Digitaldrucks hat die Produktionskosten so radikal gesenkt, dass BoD Bücher in Geringstauflage für wenig Geld produzieren kann. Kostete die Produktion eines Buches in einer Auflage von 100 Exemplaren 1990 noch 30 DM, so sind es heute nur mehr sechs bis acht Euro. Mittlerweile sind 300 000 Titel bei BoD lieferbar, im Jahr 2015 allein kamen 25 000 Titel hinzu. Die Verlage profitieren, weil sie vergriffene Titel einfach nachbestellen können und auf diese Weise das Verlagsrecht behalten. Vor allem aber zeigt der Erfolg des Verlags den Boom im Self-Publishing, so Saur. Es publiziert hier nicht nur die literarisch ambitionierte Hausfrau ihre lyrischen Ergüsse. Auch Schriftstellerdebütanten und Wissenschaftlern, die sich die hohen Druckkostenzuschüsse bei den Verlagen nicht leisten können, ermöglich BoD eine rasche Veröffentlichung. Das Lektorat, so Saur, bleibe dabei auf der Strecke. Der Autor wird auf Nachfrage zwar von externen Dienstleistern betreut, hauptsächlich aber ist er Kunde. Man muss jedoch nicht berühmte Autoren-Verleger-Beziehungen verklären, um diese Entwicklung noch kritischer zu beurteilen. Nur mit gründlichem Feedback entstehen gute Bücher, so postulieren andere Stimmen aus der etablierten Verlagswelt und pochen auf Erfahrung und Ausbildung ihrer Lektoren.

Nur schwarz malen wollte Saur an diesem Abend nicht. Man müsse sich, sagte er, auf andere Formate spezialisieren, auf kleinere Auflagen und müsse mehr Aufwand für Layout und Material betreiben: "In diesen Zeiten ist eine Zukunftsprognose unmöglich".

© SZ vom 06.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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