Künstlerisch traditionell, sozial avantgardistisch und immer perfekt gestylt: Die Münchner Malerin Magda Bittner-Simmet (1906 bis 2008) war nicht nur eine schöne Frau, die sich zu inszenieren verstand, sondern auch eine kluge Unternehmerin und eine hervorragende Netzwerkerin. An diesem Sonntag wäre sie 100 Jahre alt geworden. Erstmals setzt sich jetzt eine wissenschaftlichen Studie mit dieser Künstlerin auseinander.
Iris Nocker zeichnet in "Ganz schön selbstbewusst" (Allitera) den Weg einer Frau nach, der es in der schwierigen Nachkriegszeit gelingt, sich als Malerin durchzusetzen, obwohl sie zeitlebens entgegen aller modischen Strömungen gegenständlich arbeitet. Eigensinn beweist Magda Bittner-Simmet von Anfang an, schon als sie 1938 gegen den Willen ihres Vaters ein Kunststudium durchsetzt. Als Zugeständnis an ihn hatte sie sich zwar zur Kurz- und Schönschriftlehrerin ausbilden lassen, auch zwei Semester an der Münchner Modeschule absolviert. Doch dann schreibt sie sich an der Akademie für Angewandte Kunst ein. Als sie 1944 ihren Abschluss macht, malt sie in der Tradition der Münchner Schule, dunkeltonig und selbstverständlich realistisch.
Zielstrebig startet die gebürtige Erdingerin ihre Karriere, porträtiert nach dem Krieg amerikanische Offiziere, unterrichtet an Schulen, gibt Malunterricht. Und kapiert nach dem frühen Tod ihres Mannes 1947 sofort, dass sie sich um ihren Lebensunterhalt selbst kümmern muss.
An ihrer traditionellen Malweise hält sie fest. Zwar ist ihr Pinselstrich freier und expressiver, die werden Farben kräftiger und leuchtend - doch das war's dann auch. Sie malt Blicke über das Mittelmeer, sanfte Hügel, Stadtansichten und Porträts. Nicht unbedingt die Art von Kunst, die die Kritiker in den Fünfziger- und Sechzigerjahren gut heißen. Öffentliche Unterstützung gibt es dafür nicht; diese Sorte Kunst gilt als überholt, auch wenn sich der größte Teil des Publikums diese Bilder noch lieber an die Wand hängt als die angesagten "Abstrakten". Ein ewiges Ärgernis für Magda Bittner-Simmet. Sie regt sich über die "Funktionärstypen" auf, die in den Künstlerverbänden das Sagen haben und nur ihre "Hausmacht" mitkommen lassen, "nihilistisch und gesellschaftskritisch, versteht sich", beschwert sie sich 1984 in einem Brief an Franz Josef Strauß, als sie wieder ausjuriert worden ist.
Freilich hat sie in den Zeiten, als sie mit CSU-Größen korrespondiert, den Zenit ihrer Karriere als gefragte Porträtmalerin überschritten. Ihren Kundenkreis hatte sie sich in mühevoller Arbeit durch permanente Kontaktpflege aufgebaut. Der Durchbruch gelingt ihr 1948 mit dem Abt des Klosters Plankstetten. Es folgten ungezählte weitere Kleriker, aber auch Politiker wie Ministerpräsident Wilhelm Hoegner oder Landtagspräsident Rudolf Hanauer oder Gelehrte. Bei Golo Mann freilich müht sie sich 15 Jahre vergeblich.
Ihre Kunstproduktion ist eindeutig verkaufsorientiert. Da sie keinen Galeristen hat, kümmert sie sich um alles selbst, lässt sich keine Gelegenheit entgehen, um für sich Werbung zu machen. "Bei vielen Projekten ist nicht abzustreiten, dass sie ihre Weiblichkeit einzusetzen wusste: Sie pflegte auffällig viele Kontakte zu Männern, da diese in den meisten Fällen die führende Position in einer Institution innehatten", schreibt Nocker. Geschminkt und in maßgeschneiderten Seidenkostümen wusste sich die Malerin eben zu präsentieren.
In den ersten Jahren ihrer Karriere nutzt sie, um bekannt zu werden, die Ausstellungen diverser Künstlervereinigungen. Sie trat sieben Gruppierungen bei, von der Gedok bis zu den Berufsverbänden Bildender Künstler, erst nur in München, dann auch in Kempten. Später präsentiert sie ihre Werke gern in ihrem Schwabinger Atelier, lud zu diesen gesellschaftlichen Events viel Prominenz, betrieb Marktforschung: Keiner durfte ihr Atelier verlassen, ohne im Gästebuch eingetragen zu haben, welche Bilder ihm am besten gefallen hatten.
Auch in die Kulturpolitik mischt sie sich ein. Sie engagiert sich für bessere Ausstellungsmöglichkeiten für gegenständlich arbeitende Künstler, möchte mehr öffentliche Ankäufe derselben durchsetzen, wovon sie selbst natürlich auch profitiert hätte. Je älter sie wird, desto härter wird ihr Ton. Sie versteigt sich sogar zu der Behauptung, avantgardistische Künstler würden die öffentliche Hand aufgrund ihrer sinnlosen Kunstproduktion und entsprechenden Unfähigkeit zum wirtschaftlichen Überleben mehr kosten als gegenständliche arbeitende.
Daher ist es nicht überraschend, dass sie sich im berühmten Münchner Streit um den Ankauf von Beuys "Zeige deine Wunde" 1980 auf die Seiten der Gegner stellt und sämtliche kulturellen Werte in Gefahr sieht. Entsprechend sauer reagiert sie, als Strauß die Schirmherrschaft für die Installierung des Beuys-Werks "Das Ende des XX. Jahrhunderts" in der Staatsgalerie Moderne Kunst übernimmt. "Wir unterhalten wertvolle Räume für allerlei Schrott", schreibt sie ihm 1983. "Es gibt keine noch so geistlose Bastelei, die dort nicht Platz fände... und unsere guten deutschen Künstler schlummern in Depots." Mit derartigen Aussagen manövriert sie sich selbst allmählich ins Abseits. In Künstlerkreisen jedenfalls fand sie bereits vor ihrem Tod kaum mehr Beachtung.
Auch vor dem Vergessen hat sie sich selbst gerettet: Eine von ihr testamentarisch eingesetzte Stiftung kümmert sich darum, die Erinnerung an diese ungewöhnliche Frau wachzuhalten.
100 Jahre Magda Bittner-Simmet , bis 27. Nov., 13 bis 17 Uhr, Museum Erding, Prielmayerstraße 1 Magda besucht Franz , bis 27. Okt., Museum Franz Xaver Stahl, Erding, Landshuter Str. 31