Britische TV-Serie: Boys will be Girls:Die Küblböckerinnen

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Susis auf Stöckeln: Die britische Doku-Serie "Boys will be Girls" ist eine Art Casting-Show. Gesucht werden Männer und solche, die es nicht werden wollen, - für eine Girlie-Band.

Oliver Bilger

Daniel Küblböck wäre eine prima Besetzung für eine deutsche Version dieser Sendung. Der junge Mann aus der ersten Staffel der RTL-Show Deutschland sucht den Superstar, der bei Auftritten gerne seine weibliche Seite präsentierte, würde hervorragend in die Doku-Serie passen, die vor einigen Tagen im britischen Sender E4 lief - und dank guter Quoten jetzt sogar vom größeren Schwestersender Channel 4 wiederholt wird. Vom Prinzip her eine Casting-Show, hat die britische Erfindung freilich wenig gemein mit Vorläufern wie Pop Idol, dem britischen Äquivalent zur Superstar-Show: Gesucht wurden junge Kerle - für eine Girlband.

Bizarrstes Experiment der Musikgeschichte? (Foto: Foto: Channel 4)

Reizend, zumal die Bewerber nicht wussten, zu welchem Vorsingen sie da eingeladen waren. Stutzig wurden manche nur, weil sie Lieder von Britney Spears singen sollten. Was die Produzenten Nathan Moore (früher Mitglied der Boygroup Worlds Apart) und Olivier Bezardi planten, erfuhren sie erst hinterher. Drei Männer ließen sich schließlich - nach einer großen Schrecksekunde und ungläubigem Gelächter - zu dem überreden, was der Sender als ¸¸bizarrstes Experiment der Musikgeschichte" pries.

Der knapp 1,90 Meter große Russ Spencer, Fitness-Freak Austin Drage und Martin Rycroft, der als einziger das Potential erkennen ließ, tatsächlich als Frau durchzugehen, wie es der Sendungstitel verlangt: Boys will be Girls. Die drei sollten also eine Single aufnehmen, ein Musikvideo drehen und bei einem Live-Auftritt das ahnungslose Publikum als Girlband unterhalten.

Die drei lernten in Stöckelschuhen zu gehen, bei der optischen Veränderung halfen gepolsterte Hosen, Korsetts, falsche Brüste, Röcke und Perücken. Bei ihrer Transformation wurden die Jungs von einer zehnköpfigen Crew aus Choreografen, Visagisten, Moderberatern und Stimmtrainern unterstützt. Ihre Stimmen auf den Tonaufnahmen bekamen per Computer weibliches Timbre. Während sich Austin und Russ alias ¸¸Chloe" und ¸¸Vanja" mit der neuen Geschlechterrolle schwer anfreunden konnten und einfach wie Typen in Frauenkleidern aussahen, wirkte einzig Martin als ¸¸Kennedy" nicht wie eine Drag Queen. ¸¸Martin erfüllt sich einen lebenslangen Traum", vermutete die Choreografin.

Nach hartem Training und ein paar Tränen schafften es die drei ¸¸Mädels" dennoch als The Honeytraps das Publikum zu überzeugen. ¸¸Sexy Girls" urteilt ein Konzertbesucher am Ende des Doku-Experiments. Die Debüt-Single Wishing ist seit wenigen Tagen tatsächlich im Handel. Noch weiß man nicht, ob der enttarnte Travestie-Klamauk die Verkaufszahlen aufhübscht oder ernüchternd wirkt. Andrerseits: Was macht eigentlich Daniel Küblböck?

© Quelle: Süddeutsche Zeitung Nr.134, Dienstag, den 13. Juni 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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