Bombast-Konzert:Der Rockstar unter den Komponisten

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Ein eingespieltes Team: Filmkomponist Hans Zimmer an der Gitarre und die Violinistin Ann Marie Simpson. (Foto: Redferns)

Gladiatoren, Piraten und Superhelden: Die Filmmusik von Oscar-Preisträger Hans Zimmer in der Münchner Olympiahalle

Von Judith Nikula, München

Als sein guter Freund, der Regisseur Ridley Scott, ihn Ende der Neunzigerjahre anrief und erzählte, er wolle einen Film über Gladiatoren drehen, war Hans Zimmer ganz und gar nicht begeistert. "Was willst du denn mit einer Geschichte über Männer in Röcken?", fragte er damals. Scott ließ sich von seiner Idee allerdings nicht abbringen und so komponierte Zimmer die Filmmusik für ein Epos, das mit insgesamt 24 Preisen ausgezeichnet wurde. Zwei Jahrzehnte später sitzt der deutsche Komponist mit einer Akustikgitarre am Bühnenrand in der Olympiahalle, ist umringt von den Gitarristen seiner Band und zupft mit leichten Fingern das herrschaftliche Motiv des "Gladiators".

In einem bombastischen Konzert präsentierte Hans Zimmer in München seine Filmkompositionen, darunter etwa die Scores zu "Sherlock Holmes", "The Dark Knight" und "Inception". Nach drei Auftritten in Belgien und Großbritannien sind es die ersten Konzerte überhaupt, die der Komponist nun im Rahmen seiner Europatournee gibt. Seit mehr als 20 Jahren lebt und arbeitet er in Los Angeles, schreibt Musik für die großen Hollywood-Regisseure, hat in einer langen Karriere mehrere Oscars gewonnen. Das Publikum in München bittet er gleich zu Anfang um Verständnis, es könne sein, dass er einige deutsche Wörter vergessen habe. Dann verkündet er mit amerikanischem Akzent und einem breiten Lächeln im Gesicht: "Es ist schön, wieder zu Hause zu sein."

Hans Zimmer, der gebürtige Frankfurter, fühlt sich seinem Heimatland immer noch tief verbunden, wie er an diesem Abend mehrmals betont. Das gilt insbesondere für München, die Stadt, in der seine Mutter lebt und wo auch er selbst eine Wohnung hat. Zum ersten Mal steht er in dieser bayerischen Heimat nun mit den 70 Musikern aus Chor und Orchester auf der Bühne, darunter auch seine Band aus Los Angeles, mit der er alle Filmkompositionen im Studio einspielt. Der vor Spielfreude sprühende Komponist will an diesem Abend selbst zum Teil der Musik werden. So steht er zunächst am Xylofon, wo er die Arme wie ein Rockstar in die Luft reißt, und sitzt im nächsten Moment am Piano, die linke Hand auf der Klaviatur, während die rechte schon nach den Tasten des Synthesizers greift. Zimmer interpretiert sich neu und kombiniert die bekanntesten Stücke aus seinem Repertoire mit weniger geläufigen Arrangements. In zuweilen überraschenden Medleys wird der Klang des Orchesters durch die gewaltige Wucht von Schlagzeug, Bass und E-Gitarre ergänzt.

Der "Fluch der Karibik" ertönt beispielsweise als Electric-Cello-Konzert der Solistin Tina Guo, die ihren Cellobogen dramatisch durch die Luft wirbelt, während das Staccato der Violinen das Tempo kontinuierlich steigert. Unweigerlich segelt da im Kopfkino Captain Jack Sparrow auf der Black Pearl durch die Olympiahalle. Untrennbar sind die Filmszenen und Zimmers Musik miteinander verbunden. Treffenderweise beschreibt sich der Hollywood-Komponist als einen Menschen, der Gefühle nicht mit Worten, dafür umso besser mit Musik ausdrücken könne. Seit dem Durchbruch mit "Rain Man" im Jahr 1988 hat er epische Hymnen und melancholische Streichkonzerte komponiert - stets mit der brillanten Balance zwischen Pathos und leichtfüßiger Fröhlichkeit.

Auf der Bühne präsentiert sich Hans Zimmer nahbar, erzählt zwischen den Stücken aus seinem Leben in Kalifornien oder aber von den Dreharbeiten zu "The Da Vinci Code" in Paris, wo er im Louvre mit dem Gedanken spielte, die Mona Lisa unter seinem Mantel verschwinden zu lassen - wäre da nicht urplötzlich die Security hinter ihm aufgetaucht. Das Publikum lacht über die kurzweiligen Anekdoten, applaudiert und jubelt. Am Ende gibt es stehende Ovationen. Ein großer Abend mit dem Maestro der Filmmusik.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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