Börse für Attentats-Prognosen:Der gefühlte Terror

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Amerika kämpft nun auch mit rein marktwirtschaftlichen Mitteln gegen den Terror: Das Verteidigungsministerium eröffnet am 1.August eine Börse mit der Möglichkeit, auf potenzielle Anschlagsziele zu setzen.

Bernd Graff

Aus Amerika stammt die Fakten missachtende Instanz des "gefühlten Wetters." Gewiss, es mag Apparaturen geben, die den klimatischen status quo exakt nach Temperatur, Luftfeuchtigkeit und -druck beschreiben - ein Mensch mit Zipperlein will ihn doch anders empfinden und friert etwa, wenn es nichts zu frieren gibt. Man mag nun Objektivität gegen Sensibilität wägen und die nackte Tatsache vor dem bloßen Gefühl nobilitieren. Doch andererseits: Was wäre wirklicher als die nun einmal so und nicht anders er lebte Empfindung? Ein Hoch also auf den "Wind Chill Factor", der das Frösteln als souveränen Ausdruck einer Wetter-Frage beschreibt, deren Antwort allein der Wind kennt? Eben nicht!

(Foto: Illustration: DARPA)

Leider verhält es sich ja doch so, dass mit besagtem Factor der freudlose Versuch unternommen wird, auch noch die subjektive Gänsehaut-Rebellion gegen die Diktatur der Daten zu vereinnahmen und zum Teil der leidigen Prognose zu machen. Ganz nach dem Motto: "Objektiv gesehen ist zwar nichts, aber Sie werden es so-und-so empfinden." Und eben diesen Versuch unternimmt gerade auch die "Defense Advanced Research Projects Agency" (DARPA), eine Behörde, die dem amerikanischen Verteidigungsministerium zugeordnet ist. Allerdings geht man hier in umgekehrter Richtung vor - vom Gefühl zum mutmaßlichen Tatbestand. Doch frösteln möchte man genauso.

Denn im Rahmen eines Programms, das den tieferen Wert von Informationen ergründen will, machen sich die DARPA-Leute daran, eine Börse für Spekulationen auf den weltweiten Terrorismus zu eröffnen.

FutureMAP hat man ein Verfahren betitelt, das mit ausschließlich marktwirtschaftlich basierten Techniken und Strategien Aussagen über zukünftige politische Ereignisse machen will. Deren tatsächliches Eintreffen soll das Vertrauen von Anlegern verbürgen, die dafür ihr Geld investieren.

Und so soll es gehen: Ab dem 1. September können von registrierten Policy Analysis Market Tradern Optionen etwa darauf abgegeben werden, wie lange sich die jordanische Monarchie noch hält, ob Terroristen Israel binnen Jahresfrist mit Biowaffen attackieren. Ob Arafat erschossen wird oder ob Nordkorea gefährlich werden könnte.

Die Trader spekulieren auf solche Ereignisse eben wie an der Börse: sie setzen. Und erhalten oder verlieren Geld - je nachdem, was innerhalb einer gesetzten Frist tatsächlich eintritt. Bei der DARPA glaubt man daran, dass "die Börse mit ihrer kurzen Reaktionszeiten auch als effizientes Frühwarnsystem für terroristische Anschläge fungieren kann." Doch räumt man auch ein, dass noch ein "Problem darin besteht, sinnvolle Daten aus solchen Märkten zu ziehen, ohne die nationale Sicherheit zu gefährden."

"Abscheulich!", schimpfen die demokratischen Senatoren Ron Wyden und Byron Dorgan. Steuergelder für "Terror-Wettsalons" auszugeben, sei Verschwendung. Hier werde lediglich ein "Spielchen aus der Fantasie-Liga" gespielt. Eines, das "einem den Magen umdreht."

Ist es nicht schon wieder kälter geworden?

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