Blues-Virtuose:Malen, puzzeln, Lieder machen

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Robben Ford ist auf Tour mit seinem neuen Album "Into The Sun" und spielt im Technikum - ein Gespräch über alte Vorbilder, jüngste Herausforderungen und Zukunftsträume

interview Von RALF DOMBROWSKI

Wer Blues spielt, hat kein Problem mit dem Alter. Im Gegenteil: Eine ordentliche Dosis Lebenserfahrung lässt die Aura eines Musikers nur noch kräftiger leuchten. Robben Ford zum Beispiel hat die magische 60 schon länger passiert und wirkt seitdem lässiger und entspannter denn je. Der kalifornischen Gitarrist und Sänger muss nichts mehr beweisen, er hat im Laufe seiner Karriere schließlich mit vielen Koryphäen des Geschäfts von Miles Davis bis George Harrison gearbeitet. Derzeit ist er wieder in der Welt unterwegs und macht mit seiner Nashville-Band und dem neuen "Into The Sun"-Programm im Technikum Station.

SZ: Gitarre können Sie spielen. Inzwischen aber schreiben Sie immer mehr auch eigene Lieder. Ist das eine neue Herausforderung?

Robben Ford: Inspiration findet man überall. Und doch ist Songwriting ein Handwerk, das sich erst über die Jahre hinweg entwickelt. Ich will nicht unbedingt bestimmte Geschichten erzählen. Eigentlich kenne ich auch nicht mehr viele Leute, die ihre Lieder so schreiben. Das war eine andere Generation, Leute wie Joni Mitchell oder Leonard Cohen, die Denker und Poeten. Für mich ist Songwriting eher ein Handwerk, und ich hoffe, dass ich interessante Sachen finde, die ich dann mitteilen kann.

Wie entstehen Ihre Songs?

Die vielleicht beste Analogie, wie ich Gitarre spiele und Lieder schreibe, ist der Vergleich mit der Malerei. Man kann etwas ausprobieren, wieder verwerfen, übermalen. Der Prozess ist wie das Zusammensetzen eines Puzzles. Es ist weit mehr, als sich hinzusetzen und sich zu überlegen, was man denn nun heute schreiben könnte. Als Gitarrist kann ich eine Menge Leute nennen, von denen ich mich habe beeinflussen lassen. Aber als Songwriter habe ich viel weniger tatsächliche Vorbilder. Das ist ein Prozess, der von mir ausgeht, eher etwas Privates. Gitarre habe ich draußen auf der Straße gelernt. Ich habe viel gespielt, Leuten und Platten zugehört, andere imitiert. Songwriting ist mein privates Projekt, dem es passiert, dass es öffentlich wird.

Im Studio haben Sie unlängst Hof gehalten und einige Gäste eingeladen - Warren Haynes von Gov't Mule oder auch den Blues-Kollegen Keb' Mo. Warum diese Verstärkung?

Von der Idee, Gäste einzuladen, war ich zunächst nicht begeistert. Es kam mir so vor, als würde jemand in mein Bild hineinmalen. Aber ich wurde so lange bekniet, bis ich eben doch zugesagt habe. Keb' Mo kenne ich schon lange, wir haben einiges zusammen gemacht, und er ist einfach ein Supertyp. Mit Warren Haynes habe ich immer mal wieder gejammt, wir haben uns gut zusammengerauft, und da er aus dem Bluesrock kommt, passte es schließlich. Am Ende haben alle Kooperationen doch Sinn gemacht.

Wie schafft man es, einen wiedererkennbaren Sound zu entwickeln? Als Gitarrist ist die Konkurrenz doch unerbittlich . . .

Als Musiker fängt man an, indem man andere nachmacht. Ich habe Mike Bloomfield imitiert, er war mein großer Gitarrenheld, auf der ersten Butterfield Blues Band-LP zum Beispiel oder auch mit seiner Band The Electric Flag. Er hatte einen natürlichen Sound, es war ja noch die Zeit, bevor Effekte so wichtig wurden. Bloomfield kam direkt aus der Tradition von BB King, Freddie King oder Otis Rush heraus. All diese Leute haben ihr Instrument einfach an den Verstärker angeschlossen, und man brauchte vor allem eine Gitarre, die man mochte, kein Effektboard voller Kosmetik. Das war der eine wichtige Ausgangspunkt. Dazu kam meine Vorliebe für Tenorsaxofonisten. Sie haben einen offenen, großen, vokalen Sound. Ich wollte den Gitarrenklang mit dem des Tenorsaxofons zusammenbringen und habe viel John Coltrane, Roland Kirk, Yusef Lateef, Sonny Rollins gehört. Der Clou aber ist für mich die Trompete von Miles Davis, sein Gespür für Raum und Pausen, sein besonderer Swing, sein Gefühl, wie man Dinge musikalisch erreicht. Aus solchen Einflüssen hat sich über die Jahre mein eigener Sound entwickelt.

Haben Sie noch musikalische Träume ?

Oh, da gibt es noch vieles. Auf Dauer möchte ich gerne mehr mit anderen arbeiten. Sonst läuft alles ja immer nach dem gleichen Schema ab: Man macht seine Karriere, ist unterwegs, für alles verantwortlich. Kooperationen nehmen ein wenig die Last von der Schulter. Ich habe es zum Beispiel sehr genossen, mit Larry Carlton zu kooperieren. Mit John Scofield habe ich eine Woche in New York gespielt, was für ein Spaß! Großartig ist es auch, mit Big Bands zu arbeiten. In Deutschland konnte ich das ein paar Mal machen. Das ist Luxus, enorm teuer, aber eine großartige Sache.

Robben Ford , Di., 12. Mai, Technikum, Grafinger Straße 6

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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