Berliner Kunstprojekt:Kein Notampelsystem

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Das Kunstprojekt Dau hat ernste Probleme mit den Behörden: Es fehlten unter anderem Baugenehmigungen und Einverständnis­erklärungen der Anwohner, teilte die Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz mit.

Von Peter Laudenbach

Der Lichtsaal der Berliner Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz ist ein schöner Ort, um ein geplantes Kulturprojekt zu beerdigen. Die Verkehrs-Senatorin Regine Günther (parteilos) und Sabine Weißler (Grüne), Bezirksstadträtin von Berlin Mitte, gaben dort am Freitag bekannt, dass die geplante Großinstallation Dau des russischen Regisseurs Ilya Khrzhanovsky aus Sicht ihrer Verwaltungen derzeit nicht genehmigungsfähig sei. Khrzhanovsky will ab dem 12. Oktober für vier Wochen ein 35 000 Quadratmeter großes Areal Unter den Linden mit Filmen und diversen Kunstaktionen bespielen. Vor allem der Plan, um die Kunstzone eine 800 Meter lange Replik der Berliner Mauer zu errichten, hatte in den vergangenen Wochen für heftige Debatten gesorgt. In berlinüblicher Aufgeregtheit klangen sie, als seien mindestens Freiheit, Demokratie und Menschenwürde in Gefahr, falls der Bau zustande kommen sollte.

Senatorin Günther betont, dass die Entscheidung ihrer Verwaltung von Fragen der moralischen, politischen und ästhetischen Bedeutung des "Riesenvorhabens" nicht berührt sei, es gehe allein um die Sicherheit der Beteiligten. In seiner Dimension mit mehreren Tausend Besuchern täglich sei Khrzhanovskys Projekt mit dem Berlin-Marathon oder der Fanmeile vergleichbar. Für derartige Großveranstaltungen benötigen die zuständigen Genehmigungsbehörden von Feuerwehr bis Verkehrslenkung einen zeitlichen Vorlauf von einem Jahr. Bei Dau erfolgte der Antragseingang erst am 13. August dieses Jahres. Weder die nötigen Baugenehmigungen noch die Einverständniserklärungen der von dem Projekt betroffenen Anwohner lagen laut der Senatorin zu diesem Zeitpunkt vor. Die Polizei bemängelte das "unzureichende Entfluchtungskonzept", aus Sicht der Verkehrslenkung fehlte unter anderem ein Notampelsystem.

Auch fehlt für den zum Maueraufbau benötigten Kran auf dem Gelände ein geeigneter, hinreichend stabiler Platz. Nach der juristisch nicht bindenden Mitteilung aus der Senatsverwaltung wird am kommenden Montag die formale Absage des Antrags erfolgen. "Wir dachten heute Morgen, dass nach wie vor die Frist bis zum 28. September gültig bleibt, die uns vom Senat genannt wurde", sagt Thomas Oberender, der Intendant der Berliner Festspiele, gegenüber der Süddeutschen Zeitung. "Aber inzwischen scheint die Absage amtlich zu werden." In seinen Augen hätten die öffentlichen Anmerkungen der Senatorin zu den ausstehenden Genehmigungen nicht zwangsläufig das Ende des Projekts bedeuten müssen. Offenbar waren er und Khrzhanovsky entschlossen, bis Ende kommender Woche die von den Behörden konstatierten genehmigungsrelevanten Mängel zu beseitigen, um ihr Projekt noch zu retten. An diesem Samstag trifft Oberender den Star-Dirigenten Teodor Currentzis, um in der Staatsoper mögliche Dau-Spielorte zu besichtigen. Ilya Khrzanovsky ist mit dem Regisseur Romeo Castellucci verabredet, der ebenfalls bei Dau mitwirken soll. "Bis Montag werden wir alle Möglichkeiten abwägen, das Projekt für Berlin noch zu retten", gibt sich Oberender kämpferisch.

Und wenn das nicht gelingt? Die Option, einfach alles um ein Jahr zu verschieben, ist für Ilya Khrzanovsky keine: "Es gibt keinen Plan B." Parallel zum Berliner Projekt bereitet er die nächsten Dau-Installationen in Paris und London vor. Für Paris werden bereits "gut aussehende" Statisten gesucht.

© SZ vom 22.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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