Bayern-Pop:Klug bis saudeppert

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"Pam Pam Ida" verblüffen mit wildem Stilmix. Ihr Debütalbum stellt die Band beim Heimatsound-Festival in Oberammergau vor

Von Johanna Feckl, Oberammergau

Warum bairisch? Ständig werde er das gefragt, sagt Andi Eckert. Er ist in einem kleinen Ort mit gerade einmal 700 Einwohnern einige Kilometer nordöstlich von Ingolstadt aufgewachsen. Die fünf anderen Männer, die mit Eckert zusammen die Band Pam Pam Ida sind, kommen auch aus dieser Ecke - zum Teil kennen sie sich schon seit Kindheitstagen. Man hört dort fast nur Dialekt. "Das ist unsere Muttersprache!" Für den 29-jährigen Eckert ist es klar, dass er so singt wie er spricht. Und das ist eben bairisch. Zufällig. Kein großes Ding. Es ist mittlerweile ja auch wirklich keine Besonderheit mehr, dass in Mundart gesungen wird, und ebenso wenig ist es das, was Pam Pam Ida tatsächlich ausmacht.

Im vergangenen Jahr haben Pam Pam Ida durch Videos zu ihren Liedern "Gockl" und "Schultertanz" eine wachsende Fangemeinde um sich geschart. Seit Anfang dieses Jahres touren die Männer durch ganz Bayern - passend zu ihrem Motto "Altmodisch" immer mit weitem Sakko, Hemd, Hosenträgern, Fliege und Schnauzbart. Prädikat sehenswert. Die wahren Anhänger schwingen deshalb bei Konzerten ihre Hüften auch auf wackeligen Stühlen. Denn es kann gut sein, dass man bei den vielen ausverkauften Shows der Band nur noch dort einen freien Blick hat. An diesem Samstag machen sie um 15.30 Uhr Station auf dem Heimatsound-Festival in Oberammergau. Einen Tag davor, am Freitag, veröffentlichen sie ihr erstes Album "Optimist". Die Musik der sechs jungen Männer ist irgendetwas zwischen extravagantem Pop und neu interpretierter Wirtshausmusik. Oft gelingt es nicht, ihren Stil eindeutig einzuordnen; manchmal ist es sogar schwierig, ein einzelnes Lied in eine Schublade zu stecken. Zum Beispiel die titelgebende Single, die sich trotz aller Schwermut im Leben für das Positive ausspricht: Hier verbreiten ruhige Gitarrenklänge eine wohlige Lagerfeueratmosphäre und erinnern an Jack Johnson, bis Eckert mit seinem Gesang einsetzt. Wie Justin Timberlake wandert er dabei zwischen Kopfstimme und Bruststimme hin und her. Während des Refrains setzen Bläser ein, bedacht und gelassen, ohne großen Tonumfang. Kurz kommt einem Moop Mamas "Stadt, die immer schläft" in den Sinn. Aber nur solange, bis Eckert zum Jodeln beginnt. Jodeln ist übrigens auch nichts anderes, als der schnelle und hörbare Wechsel zwischen Kopf- und Bruststimme, nur dass dabei keine Wörter, sondern Silben gesungen werden. Bei Eckert ist es "Hudrilio".

Die Texte von Pam Pam Ida sind klug, witzig bis hin zu saudeppert und oft so zynisch, dass es schon weh tut. Aber immer durchzieht sie eine beeindruckende Raffinesse. Auch wenn sich offenbar einige etwas schwer tun, das zu durchschauen. So erzählt Eckert im Lied "Vaterland" von der Sorge, dass die Tochter für alle Zeit ledig bleiben könnte oder am Ende sogar "no so an Nega oder irgend so an Moslem mit Hoam ziagt". Der iTunes-Store sperrte das Lied, das man schon auf der EP "Altmodisch" hören konnte, für den Download. Es dauerte einige Zeit, bis sich die Verantwortlichen bei iTunes überzeugen ließen, dass "Vaterland" kein Pamphlet gegen alle Nicht-Biodeutschen ist, sondern eine lose Aneinanderreihung von hasserfüllten und aufstachelnden Parolen, die so oder so ähnlich jeder schon einmal aus seinem Umfeld gehört hat. Auf Konzerten erzählt der Bassist Jürgen "Charlie" Neumayer diese Anekdote in herrlich ausschweifender Manier.

Was die Single "Optimist" im Kleinen zeigt, gilt auch für das gesamte Album: Es gleicht einem wilden Durcheinander aus musikalischen Gegensätzen, aus alt und neu. Da mischen sich harte, elektronische Gitarrenklänge mit dem zweistimmigen, unschuldigen Spiel von Blockflöten. Man hört typisch volkstümliche Bläser in sämtlichen Variationen; Tuba, Posaune, Trompete, alles da. Es gibt klassische Klavierakkorde, die träumerische Streicher untermalen. Mal geben die quietschenden oder stampfenden Töne des Synthesizers den Rhythmus vor, dann sind es wieder die Drums, die durch zwei Besen einen weichen Sound erzeugen - eigentlich charakteristisch für Jazzmusik.

Aber das Wilde bei Pam Pam Ida, die vielen Einflüsse in ihrer Musik, das alles hat System. Die Band verbindet Dinge auf erfinderische Weise, die eigentlich gar nicht zusammenpassen. Dadurch entsteht ihr ganz eigentümlicher Stil innerhalb der Heimatsound-Welle: Sie klingen jünger als Django 3000, nicht so softpop-mäßig wie Claudia Koreck und erst recht nicht so trashig wie Andreas Gabalier; sie sind weniger hip als La Brass Banda und kommen ohne Rap wie Dicht & Ergreifend aus. Mit "Optimist" haben Pam Pam Ida ihre Nische gefunden.

Heimatsound Festival , Freitag und Samstag, 28. und 29. Juli, Passionstheater Oberammergau; Auftritt Pam Pam Ida am Samstag um 15.30 Uhr

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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