Auszeichnung:Kreativ im Netzwerk

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Bayerische Kunstförderpreise erstmals auch für Kuratoren

Von Evelyn Vogel, München

Dass es für Künstler nicht leicht ist, sich mit ihrer Kunst ein Auskommen zu sichern, ist bekannt. Manche von ihnen hangeln sich von Auszeichnung zu Auszeichnung, weil die einen Teil ihrer Grundsicherung gewährleistet. Nicht zuletzt deshalb sind neben den städtischen Förderungen auch die der bayerischen Staatsregierung heiß begehrt. Der Freistaat verleiht in jedem Jahr bis zu 16 Kunstförderpreise an Künstler, die "durch herausragende Leistungen und außergewöhnliche künstlerische Begabung hervorgetreten" sind. Sie müssen ihre Ausbildung abgeschlossen haben, in Bayern leben, hier ihren Schaffensmittelpunkt haben und dürfen höchstens 40 Jahre alt sind.

Gerade eben wurde wieder ein kleines Füllhorn über den Köpfen bildender Künstler geleert. Und zwar in Form der Bayerischen Kunstförderpreise in der Sparte bildende Kunst, die mit jeweils 6000 Euro dotiert sind. In diesem Jahr gehen sie an Claudia Barcheri aus München, Sebastian Dacey aus Uffing am Staffelsee, Sophia Süßmilch aus München und Benjamin Zuber aus Fürth. Darüber hinaus wurde der diesjährige Spezialpreis erstmals an "Künstler als Kuratoren" vergeben. Er ist mit 9000 Euro dotiert. Ihn teilen sich die beiden Münchner Künstlergruppen "Easy!upstream" mit Niko Abramidis, Susi Gelb und Quirin Brunnmeier und "Prince of Wales" mit Leo Lencsés und Jonas von Ostrowski sowie "Edel Extra" aus Nürnberg um Susanne Wohlfart, Lilly Urbat und Claudia Holzinger.

Dass in diesem Jahr Künstler- und Kuratorenkollektive ausgezeichnet werden, zeigt, wie sehr sich auch die Nachwuchslandschaft geändert hat. Viele Akademieabsolventen verlassen sich nicht allein auf studentische Ausstellungen oder warten ab, bis sie ihr Diplom in der Tasche haben. Selbstdarstellung in den sozialen Medien gehört sowieso zum Alltag junger Menschen. Auch Künstler machen da keine Ausnahme. Hinzu kommt bei den jungen oft, dass sie die Bedeutung gemeinsamen Handelns höher schätzen als Ellbogenmentalität. Und dabei geht es nicht darum, einmal im Jahr einen Raum anzumieten, in dem jeder versucht, sich die Poleposition zu sichern. Viele haben erkannt, dass kuratorisches Handeln ein nicht zu unterschätzendes Moment im Kunstbetrieb ist.

Das Kollektiv "Easy!upstream" aus München hat dies in den vergangenen Jahren eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Susi Gelb (Jahrgang 1985) und Niko Abramidis (Jahrgang 1987) haben beide an der Kunstakademie München studiert. Quirin Brunnmeier (Jahrgang 1983) ist Betriebswirt und Künstler, zuletzt studierte er an der HFF Kulturkritik. Die drei arbeiten seit 2015 zusammen und haben in dieser Zeit in wechselnden Räumen Münchens 41 Einzelausstellungen verschiedener Künstler organisiert, in denen sie zeitgenössische Kunsttendenzen aufzeigten und Projekträume betrieben, in denen sich Künstler, Kuratoren, Sammler und kunstaffine Münchner trafen. Nicht zuletzt deshalb stellt die Arbeit von "Easy!upstream" nach Auffassung der Jury eine "wertvolle Bereicherung für die Kunstszene Münchens" dar.

Das "Prince of Wales" wurde im Frühjahr 2011 von vier Kunststudenten als "Waschküche für Kunst, Ästhetik und Poesie" gegründet. Diese "Waschküche" befand sich in einem Hinterhaus in der Au. Dort zeigte das "Prince of Wales" Ausstellungen und Performances, es wurden Lesungen, Konzerte, Reden und Seminare gehalten, Publikationen veröffentlicht und Kooperationsprojekte mit Kuratoren, Verlagen, anderen Ausstellungsräumen und Galerien realisiert. Jonas von Ostrowsky, geboren 1981, und Leo Lencsés, Jahrgang 1984, sind zwei von zuletzt vier Mitgliedern des Künstlerkollektivs, das bis August 2017 aktiv war. Weitere Mitglieder waren Nigin Beck, Andreas Chwatal, Johannes Tassilo Walter und Josef Knoll. Die Jury lobte insbesondere den "hohen ästhetischen Anspruch des stringenten kuratorischen Programms" hervor.

Die Künstlergruppe "Edel Extra" wird von den drei Künstlerinnen Susanne Wohlfart (Jahrgang 1989), Claudia Holzinger (Jahrgang 1985) und Lilly Urbat (Jahrgang 1988), zwei Grafikdesignerinnen und einer Fotografin, gebildet und zählt nach Auskunft des Ministerium zu den bekanntesten künstlerischen Off-Space in Nürnberg. Nach Auffassung der Jury verzahnen sich hier Kunst und kuratorische Arbeit in besonderer Weise, wodurch ein wichtiger, alternativer Ort für die Kunstszene in Nürnberg geschaffen werde. Die Jury würdigte ihre "installativen, performativen Formate und das lebendige Programm".

"Die bemerkenswerten Positionen unserer jungen Künstlerinnen und Künstler zeigen die große Bandbreite der jungen bildenden Kunst in Bayern", sagte Kunstministerin Marion Kiechle bei der Bekanntgabe der von einer unabhängigen Jury vorgeschlagenen Preisträger. Dass in diesem Jahr erstmalig auch die kuratorische Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern ausgezeichnet wurde, hob sie lobend hervor: "Diese ist für die Künstler mit erheblichen persönlichen und oftmals finanziellen Aufwand verbunden, gleichzeitig jedoch von unschätzbarem Wert für die junge Kunstszene und ihre Vernetzung." Die Preisverleihung des diesjährigen "Bayerischen Kunstförderpreis" findet am 6. November in der Hochschule für Fernsehen und Film in München statt.

© SZ vom 09.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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