Auszeichnung:Ein Fall für zwei

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Die in Frankreich lebende Rumänin Irina Teodorescu hat einen rasanten Debütroman über einen schnauzbärtigen Banditen geschrieben - die Münchner Übersetzerin Birgit Leib erhält dafür nun vom Freistaat ein Stipendium

Von Antje Weber

Wenn ein übel riechender Bandit, dem stets eingetrocknete Bohnen-Reste im langen Barte kleben, das erbeutete Gold den Armen gibt: Dann ist das eher gut als schlecht. Wenn nun ein bisher unauffälliger Bürger diesen Banditen elendig verhungern lässt, um an dessen Schätze zu gelangen, dann ist das wiederum ziemlich böse. Nicht zuletzt für den Bürger selbst und seine Nachfahren: Denn wenn so ein Bandit in seinen letzten Atemzügen einen Fluch ausstößt, dann ist es um die Verfluchten fortan schlecht bestellt.

Nicht jedoch um die Geschichte, die sich Irina Teodorescu für ihren Debütroman "Der Fluch des schnauzbärtigen Banditen" (Wagenbach) ausgedacht hat. Die ist so rasant erzählt, so überreich an Bildern, Legenden und verqueren Figuren wie "Margot die Schlange" und "Maria die Versaute", dass es eine wahre Freude ist. Die Autorin und Illustratorin wurde 1979 in Bukarest geboren und lebt seit 1998 in Frankreich. Sie erfindet märchenhaft wirkende, dabei jedoch lebenspralle Welten, die unserer Gegenwart von Generation zu Generation näher rücken. Und sie hat das Glück, in der Münchnerin Birgit Leib eine Übersetzerin aus dem Französischen gefunden zu haben, die das sprachlich lebhaft nachempfinden kann. Leib erhält dafür an diesem Montag im Literaturhaus das mit 6000 Euro dotierte Übersetzerstipendium des Freistaats Bayern; einen Tag später wird sie zusammen mit der Autorin in der Stadtbibliothek Moosach zu erleben sein.

Es gelinge der Übersetzerin, urteilte die Jury, "den Ton des Originals zu treffen und gleichzeitig originelle Lösungen für den eigenwilligen bildhaften Stil der Autorin zu finden". Dieser Stil ist nicht nur "barock und überquellend", wie Leib ihn selbst charakterisiert, sondern besonders aufgrund der "Perspektivwechsel mitten in den Sätzen" schwierig nachzubilden. Ein Beispiel? "Der Bauer hadert mit seinem Schicksal, er muss in den Krieg ziehen, gestern erst wurde er eingezogen, nun muss er einen Platz für seine Tochter, seinen Liebling, seinen Augenstern finden, seht sie an, sie ist noch nicht einmal sechs, doch! ich bin sechs Jahre und vier Monate alt, na gut, sie ist sechs Jahre und vier Monate alt, aber ich werde sie doch nicht mit an die Front nehmen, hütet sie bitte für mich, sie hat niemanden sonst auf der Welt und" - und ja, der Satz ist hier noch nicht zu Ende.

Leib liebt den "schönen Rhythmus" dieses Textes, und die Romanistin hat auch einen besonders guten Zugang dazu: Ein Schwerpunkt ihrer Übersetzertätigkeit ist es, französische Filme zu untertiteln, zum Beispiel für das Münchner Filmmuseum; daneben hat sie Theaterstücke übersetzt und einen Roman aus den Pariser Vorstädten. Beim Untertiteln müsse man bei einem reduzierten Vokabular "kurz und präzise" sein, sagt sie. Und man muss sich mit der gesprochenen Sprache auseinandersetzen. "Das Orale an Literatur" sieht Leib denn auch als roten Faden an, was ihre Arbeit angeht. Wenn sie eine Übersetzung fertiggestellt hat, liest sie sich die auch immer noch einmal laut vor. Auch im Falle von Teodorescus Roman hat sie das getan: "Etwa anderthalb Tage" habe das gedauert, erzählt sie lachend, "fast am Stück!" Ganz so weit muss man als Leser ja vielleicht nicht gehen, doch man könnte es ja einmal mit ausgewählten Passagen versuchen. Warum nicht mit dem erwähnten Satz vom Bauer, der in den Krieg zieht und seine Tochter irgendwo unterbringen muss? Fazit nach einem ersten Selbstversuch: Das klingt verflucht gut.

Verleihung Übersetzerstipendium : Mo., 28. Sep., 19 Uhr, Literaturhaus, Salvatorplatz 1; Lesung: Di., 29. Sep., 19.30 Uhr, Stadtbibliothek Moosach, Hanauer Str. 61 a

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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