Ausstellungstipp:In luftiger Höhe

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So schön kann modernistischer Einheitsbrei aussehen, wenn Nicolas Grospierre mit Hilfe von Fotomontage und Spiegelung idealisierte Stadtlandschaften erschafft. (Foto: Nicolas Grospierre)

Die Architekturgalerie widmet sich im Bunker an der Blumenstraße "The Best Possible City" und "The Next Possible City"

Von Evelyn Vogel

Kaum ein Thema beschäftigt die Menschen derzeit mehr als das Thema Wohnen und Mieten. Es führt zu permanenten Diskussionen und, wie kürzlich erst in München wieder, zu großen Demonstrationen. Und es verursacht bei ganz vielen Menschen erhebliche Frustrationen. Weil sie keinen bezahlbaren Wohnraum finden. Weil sie durch steigende Mieten aus ihren Wohnungen vertrieben werden. Weil die Wohnungspolitik von Bund, Ländern und Gemeinden vor Fehlentscheidungen strotzt. Insofern treffen Ausstellungen, die sich mit Stadtarchitektur beschäftigen, den Nerv der Zeit.

So war es auch kein Wunder, dass sich bei der Eröffnung der beiden Ausstellungen der Architekturgalerie im Bunker an der Blumenstraße "The Best Possible City" und "The Next Possible City" viele Besucher über die sechs Stockwerke des Schutzturms nahe dem Viktualienmarkt rauf und runter wälzten. Dabei setzt sich keine der Ausstellungen direkt mit der Wohnungsmisere oder der Wohnungspolitik auseinander.

Doch formuliert beispielsweise "The Next Possible City", die eine Reihe von Positionen junger Architekten präsentiert, anregende Impulse zu unserer Stadtarchitektur, sucht nach neuen Konzepten und Designs, hinterfragt dabei Vorbilder und scheut generell die Auseinandersetzung mit der Architektur der Moderne nicht. Inspiriert von bestehenden Bauwerken stellen die jungen Positionen eigene Vorstellungen von Architektur vor. Das ist mitunter ein bisschen versponnen, aber wer, wenn nicht die jungen Wilden, hätte ein Recht dazu?

Ebenfalls ein wenig wild und versponnen ist das, was Künstler Nicolas Grospierre und die Architekten Fthenakis Ropee in ihrer Auseinandersetzung mit den Bauten der Moderne treiben. Oder wer käme auf die Idee, an ein Häuschen aus den Dreißigerjahren einen Seminarraum in luftiger Höhe anzubauen, wie das Münchner Architekturbüro Fthenakis Ropee dies bei dem "Zinktank" in Ottobrunn getan hat? Und der polnisch-französische Künstler und Fotograf Grospierre, 2008 auf der Architekturbiennale in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet, greift den Gedanken sozialer Gleichheit modernistischer Bauten auf und schafft in seinen Fotomontagen und Objekten imaginäre modernistische Strukturen. Idealisierte Stadtlandschaften unbelastet von der Realität - was würden Mieter dafür geben.

The Best Possible City und The Next Possible City , Architekturgalerie im Bunker, Blumenstr. 22, bis 6. Oktober, Di. bis Sa. 15-19 Uhr

© SZ vom 24.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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