Antiquitäten:Wink mit der Echtheit

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Die Pariser Biennale des Antiquaires versucht, an ihre große Geschichte anzuknüpfen. Die Umstände waren nicht günstig, das Ergebnis ist durchwachsen.

Von Dorothea Baumer

Sie war einmal die eleganteste Antiquitätenmesse der Welt und blieb es für viele Jahre. Erst als ihr ernst zu nehmende internationale Konkurrenz erwuchs, trieb sie ins Abseits. Der Tiefpunkt war 2014 erreicht, als Kunst und Antiquitäten nur mehr die Kulisse abzugeben schienen für ein vornehmlich von Russen und Asiaten gestürmtes Hochkaräter-Festival von vierzehn Juwelieren.

Mit der 28. Ausgabe der Biennale des Antiquaires ist nun ein Neuanfang zu besichtigen: mit mehr Ausstellern (124), weniger Juwelieren (4), dazu vielen Altmeisterhändlern, die in der Vergangenheit ihre Spezialmesse "Paris Tableau" vorzogen, aber jüngst ihren Veranstaltungsort verloren und so unter das Dach der Biennale schlüpften. Auch einen "Hauch von Modernität" wollte man sich gestatten, so Biennale-Leiter Henri Loyrette.

Der Schauplatz, die gigantische Glas-Eisen-Konstruktion des Grand Palais ist spektakulär, das Angebot von hoher Qualität, aber nur gelegentlich von jener Exzellenz, die Sammler und Museumsleute elektrisiert. Allzu spürbar ist der Exodus von Spitzenhändlern, die mit dem langjährigen, kurz vor der Messe abgewählten Biennale-Leiter Christian Deydier die Gegenveranstaltung "Le Rendez-Vous" initiierten und nun in zehn Galerien in Saint-Germain-des-Prés ausstellen, darunter die Tribal-Art-Spezialisten Dulon, Monbrison und Didier Claes und die renommierte Art-Déco-Galerie Valois.

Um so üppiger präsentiert sich in dieser Biennale-Ausgabe der in der Vergangenheit vernachlässigte Altmeister-Bereich. Seine Höhepunkte hat er in einer kindlichen Jungfrau-Maria-Erzählung aus der Hand Francisco de Zurbaráns bei Canesso oder der Märtyrer-Szene eines anonymen italienischen Meisters mit dem Notnamen "Meister des Jesus unter den Schriftgelehrten", einem Gemälde, das bei G. Sarti für um die zwei Millionen Euro angeboten wird; oder auch mit einem überraschend neuen Blick, den de Jonckheere im 500. Todesjahr von Hieronymus Bosch auf Gemälde von dessen Nachfolgern Pieter Huys oder Jan Mandijn wirft (200 000 bis 1,2 Millionen).

Die größte Lücke im Angebot klafft ausgerechnet in jener genuin Sparte, die einst die Domäne der Pariser Händler war: beim höfischen Mobiliar des 17. und 18. Jahrhunderts. Grund ist ein Skandal, der die Branche kurz vor der Biennale erschütterte: Den höchst angesehenen Galerien Aaron und Kraemer wird vorgeworfen, in den Verkauf mutmaßlich gefälschter Stühle unter anderem an das Schloss Versailles verwickelt zu sein. Das hatte den Ausschluss von Aaron und den Rückzug von Kraemer zur Folge. Übrig geblieben sind nur die Pariser Firmen Steinitz und Léage. Und man darf es durchaus als einen Echtheitswink verstehen, wenn inmitten der Steinitz'schen Messeopulenz auf einem Sockel das staubige Chassis eines Louis-Cresson-Sessels im Originalzustand präsentiert wird.

Das betörend Neue? Man fand es ausgerechnet bei einem Japan-Spezialisten

Eine der prachtvollsten Messeinszenierungen ist dem einzigen deutschen Aussteller, Röbbig, gelungen, der auf frühe Porzellane, insbesondere Meißen spezialisiert ist. Der Münchner Händler konnte in Paris ein amerikanisches Museum für eine monumentale von Gottlieb Kirchner für das Japanische Palais August des Starken entworfene Tierplastik, Fuchs mit Huhn von 1732, begeistern. Er bietet zudem für 520 000 Euro ein Louis XV-Verwandlungstischchen von Léonard Boudin an, das zu den feinsten Stücken des 18. Jahrhunderts gezählt werden darf.

Malerei des 20. Jahrhunderts ist gut vertreten, wenn auch außergewöhnliche Werke fehlen. Zurückgekehrt ist nach sechs Jahren Abstinenz Robert Landau, der, wohl um sich in Erinnerung zu bringen, die hochkarätigste internationale Offerte der Klassischen Moderne auffährt, mit Modigliani, Dubuffet und einer 35 Millionen schweren liegenden Frauenskulptur von Henry Moore.

In den angewandten Künsten fällt das Fehlen führender Galerien auf. So reicht es beim Art-Déco nur zu bescheidenen Auftritten. Das ist anders beim Nachkriegs-Design. Als eine der wenigen bietet die Pariser Galerie Downtown Exemplarisches dreier Meister der Moderne: Jean Prouvé, Charlotte Perriand und Pierre Jeanneret. Herausragend ist Prouvés Unikat eines Bücherregals in ochsenblutrotem Metall und Eiche (500 000 Euro).

Das erfolgreichste Debüt dieser Messe gelang übrigens der kleinen, auf japanisches Kunsthandwerk spezialisierten Galerie Mingei. Nirgends konnte man jedenfalls so viele rote Punkte zählen. Was nicht verwundert angesichts der überwältigend schönen Bambus-Flechtarbeiten namhafter Meister. Hier war es dann doch, das betörend Neue, das einer Messe so gut ansteht und das es noch vielmehr geben sollte, auch in Paris.

© SZ vom 17.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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