Antiquitäten:Ausgesucht

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Bernard Buffet malte "Le Torero" 1961. Seine Werke sind auf der Messe sehr beliebt (Foto: Bernard Buffet; Galerie de Souzy; VG Bild-Kunst, Bonn 2018)

Die 30. Antiquitäten-Biennale in Paris lockt Sammler mit spektakulären Highlights in den Grand Palais. Doch interne Streitereien haben die Messe geschwächt.

Von Dorothea Baumer

Die "Biennale des Antiquaires", einst die eleganteste und prestigeträchtigste Antiquitätenmesse weltweit, sieht sich im 30. Jahr ihres Bestehens auf der Suche nach Zukunft. Seit Jahren schon rumort es, lähmen interne Streitereien die Institution. Zuletzt kehrten zahlreiche internationale Händler der Messe den Rücken oder zogen die für diesen Herbst geplante, inzwischen auf 2019 verschobene Alternativmesse "Sublime" vor und schwächten die Traditionsmesse. So ist in diesem Herbst mit rund sechzig Ausstellern (gegenüber gut neunzig im Jahr 2017) nur eine Rumpfversion der nun "La Biennale Paris" genannten Messe zustande gekommen. Dass sie ihren eingeführten Namen nicht ablegen will, wiewohl sie nun jährlich stattfindet, gehört zu den kleinen Absurditäten des Marketings.

Gandios ist wie immer der Empfang unter der Eisen-Glas-Konstruktion des Grand Palais und die großzügige, diesmal von Jean-Charles de Castelbajac entworfene Ausstellungsszenerie unter der Kuppel. Wie unschwer auf den ersten Schritten zu erkennen, ist La Biennale die sehr französische Veranstaltung geblieben, die sie eigentlich immer war, auch wenn sich die Schwerpunkte ein wenig verschoben haben. Das lange in Kunst und Kunsthandwerk dominierende 18. Jahrhundert wird nur mehr von wenigen Spezialisten wie Perrin und Steinitz aufgeboten. Der Akzent liegt dabei auf herausragenden Einzelstücken, die sich längst die Aufmerksamkeit mit Stilentwürfen des 19. Jahrhunderts teilen. Michel Cressons gestempelte Louis-XV-Sessel konkurrieren darum an seinem Stand mit in üppigem Japonismus schwelgenden Möbeln Édouard Lièvres. Der Weg zu modernem Design erscheint von hier aus nicht weit. Das spektakulärste Exponat, eine Art Riesen-Ufo, tatsächlich ein exzentrischer Musikapparat aus den Siebzigern, zieht bei Yves Gastou die Neugierigen an und ist für 90 000 Euro zu haben. Für die Hälfte ist der wohl eleganteste Barschrank ausgezeichnet, ein Entwurf Guglielmo Ulrichs, den die Mailänder Galerie Robertaebasta als Dreißigerjahre-Highlight im Sortiment hat. Dazwischen hat sich das Wien um 1900 der Kunsthandlung Kolhammer eingereiht und war mit Entwürfen von Josef Hoffmann bereits am Vernissage-Abend erfolgreich.

Neben Design zählt die in Paris traditionell bestens verankerte außereuropäische Kunst zu den Schwerpunkten der Messe. Mermoz, zweifellos die erste Adresse für präkolumbische Kunst, glänzt mit einem hochkarätig bestückten Kabinett, das zu den raren, 900 bis 600 v. Chr. datierten Stücken der olmekischen Kultur (Mexiko) eine prachtvolle Kröte aus grünem Pyroxenit zählt, ausgezeichnet mit 350 000 Euro. Archaische Bronzen aus dem Alten Persien, Idole und mythische Wesen versammelt die Galerie Kevorkian zu einer eindrucksvollen Präsentation. Es fehlt auch nicht an Tang-zeitlichen chinesischen Terrakotten, die bei Pouillot als sogenannte Fat Ladies für 20 000 und 30 000 Euro Spalier stehen. Dass afrikanische und ozeanische Kunst nur jeweils als Ein-Mann-Sparte vertreten sind, liegt zum Teil an der zeitlich parallel angesetzten Messe "Parcours des Mondes" im Pariser Galerienviertel. Galerie Meyer scheut den Doppelauftritt nicht und lässt einer kleinen Phalanx von Eskimo-Figürchen der Okvik-Kultur (300 v. Chr.-200 n. Chr.) den Vortritt. Auch die Kunst der Antike gehört auf dieser Messe zu den Ein-Mann-Sparten, wenngleich erstklassig besetzt. Cahn aus Basel, der zum zweiten Mal an der Biennale teilnimmt, ist geneigt, den französischen Markt sehr positiv zu sehen und hat keine Mühe gescheut, mit einem überlegten Ausstellungskonzept zu überzeugen. Allein der sinnlich strahlende Torso eines jugendlichen Apollon Sauroktonos (Echsentöter), ein sechzig Zentimeter großer Marmor nach Praxiteles, dürfte Antiken-Liebhaber zum Träumen bringen, auch wenn sie die 240 000 Euro nicht übrig haben, die die Figur erfordert.

Dass viele große internationale Händler fehlen - nicht mehr als ein Dutzend auswärtige Gäste sind gekommen -, macht sich am stärksten bei den Gemälden bemerkbar. Zwar reicht das Angebotsspektrum von den Alten Niederländern des 17. Jahrhunderts (Voldère) bis zu Gemälden des Orientalismus und mondänen Sujets der Belle Epoque (Ari Jan), feiern die Malheroen der Fünfziger- und Sechzigerjahre, Georges Mathieu und Bernard Buffet, unübersehbar ihr Comeback, aber wirkliche Spitzen sind rar. Über jeden Zweifel erhaben ist eine wunderbare Landschaft von Jean Baptiste Corot aus dem Jahr 1827 bei Cuéllar-Nathan für 770 000 Euro; aber auch ein abstraktes Gemälde der portugiesich-französischen Künstlerin Maria-Helena Viera da Silva aus den Fünfzigern, bei Boulakia für 650 000. Während die Sonderausstellung mit exzellenten Napoleon-Exponaten des furiosen Sammlers Pierre-Jean Chalencon glänzt, empfiehlt sich diese 30. Biennale als eine Messe des Übergangs, die zur Entscheidung zwingt.

© SZ vom 15.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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