Angeben für Anfänger:Schnee, der auf Zetern fällt

Fällt Ihr Flug wegen der verschneiten Landebahn aus? Warten Sie morgens eine Stunde auf Ihre Bahn? Verpassen Sie die Bescherung? Lernen Sie mitzureden über: Verkehrschaos.

Jassien Kelm

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(Foto: dapd)

Fällt Ihr Flug wegen der verschneiten Landebahn aus? Warten Sie morgens eine Stunde auf Ihre Bahn? Lernen Sie mitzureden über: Verkehrschaos. Was ist das? Verkehrschaos ist in erster Linie ein inflationär verwendeter Begriff, mit dem die Boulevardzeitung aufmacht, wenn sich im Spätherbst die ersten Eiskristalle an den Pflanzen bilden. Der Ausdruck tritt oft in unmittelbarer Nähe des Jahrhundertwinters auf, vor dem gewarnt wird, sobald an einem frischen Morgen beim Ausatmen die Luft sichtbar wird. In den vergangenen Tagen, und umso näher es an Weihnachten heranrückte, war sehr häufig von all diesen Ausdrücken die Rede. Doch das Chaos ist per Definition die vollkommene Umkehr der regulären Ordnung: Ein Verkehrschaos wäre also streng genommen erst gegeben, wenn alle Flüge ausfielen, kein Auto vom Fleck käme und jeder Zug der Bahn pünktlich wäre. Da die öffentliche Wahrnehmung bereits den winterlichen Stau oder eine Wartestunde am Bahnhof mit Anarchie gleichsetzt: Lernen Sie eben mitzureden über das gefühlte Verkehrschaos. Text und Bildauswahl: Jassien Kelm/sueddeutsche.de/kar

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So machen Sie sich lächerlich: Ihr Anschlusszug ist seit 40 Minuten überfällig. Sie stehen im Schneetreiben mit den anderen Fahrgästen an einer Haltestelle im Nirgendwo. Sollten Sie das Bedürfnis spüren, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, vermeiden Sie den Kalauer "Scheint so, als säßen wir alle im selben Boot". Sorgen Sie für Kurzweil. Falls Sie an dieser Stelle denken "Ah, das gute, alte Beruferaten": Vergessen Sie es, Sie Anfänger. Um ein Vielfaches amüsanter ist es, andere Menschen durch vermeintlich unbedachte Äußerungen zu provozieren. Erheben Sie die Stimme: "Gut, wer das Auto genommen hat, friert jetzt vielleicht nicht. Und ist wahrscheinlich auch pünktlich zur Weihnachtsgans. Aber dafür, und das ist doch eigentlich entscheidend, schonen wir Bahngäste die Umwelt!"

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So schinden Sie Eindruck: Angenommen, Sie stehen im Stau. Nichts geht mehr. Die Leidensgenossen rotten sich zu Grüppchen zusammen. Steigern Sie das allgemeine Unbehagen. Durch gezielte Fragen ("Wie lange reichen unsere Nahrungsvorräte wohl aus?") lassen Sie die onhehin angespannte Stimmung kippen. Setzen Sie nach: "Mein Vetter stand mal 14 Stunden auf der A 3. Prahlt immer damit. Wäre doch gelacht, wenn wir den alten Angeber heute nicht übertrumpfen." Es heißt, es gebe Personen, die dieses Spiel so gut beherrschen, dass Sie innerhalb von 30 Minuten eine Panik auslösen können. Doch auch Anfänger können mit ein wenig Geschick bleibenden Eindruck hinterlassen.

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Zitieren Sie: Wenn Sie mit den oben erwähnten Vorschlägen nichts anfangen können, bleibt eigentlich nur eins: Ziehen Sie über die Technik her. Über die Moderne im Allgemeinen. Kein Wunder schließlich, wenn man sich nur noch auf Maschinen verlässt. Die lassen einen immer im Stich, wenn's drauf ankommt. Zitieren Sie dazu Kaiser Wilhelm II, 1903: "Ich glaube an das Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung."

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