Aggro Berlin kündigt G-Hot wegen Homophobie:"Ihr lasst euch von Schwulen regieren"

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Für unflätige, sexistische und Gewalt verherrlichende Musik war das Berliner Label Aggro Berlin bisher bekannt. Nun wirft es einen Rapper raus, der es zu weit getrieben hat mit seinem Hass-Clip.

Dominik Schottner

Das Berliner Rap-Label Aggro Berlin ist für vieles bekannt: unflätige, sexistische, Gewalt verherrlichende Musik, hässliche Gesichtsmasken, markige Musikvideos. Mittelständisch spießige Angst vor Rufschädigung aber gehörte bislang nicht zu den Markenzeichen der Plattenfirma. Das scheint sich zu ändern:

Aggro-Rapper G-Hot, ein 24 Jahre altes Milchgesicht aus Berlin, hat einen an Widerlichkeit nur schwer zu überbietenden Song über oder besser: gegen Schwule eingespielt: "Keine Toleranz" heißt das Stück und ist, wie der Rapper in einem Video auf seiner MySpace-Seite sagt, "schon so zwei, drei Jahre alt. Ich wollte den Track niemals veröffentlichen." Seit ein paar Tagen kursiert der Song im Internet.

Eine dritte Person habe das Stück gegen seinen Willen veröffentlicht. "Da bin ich zuhause an die Decke gehüpft", gesteht G-Hot, der eigentlich Gökhan Sensan heißt. Alles habe er getan, "dass dieser Track wieder aus dem Netz gezogen wird." Weil: "Mir gehen Schwule am Arsch vorbei."

Massenweise Lob

In Internetforen erntet G-Hot für den Song massenweise Lob, wie dieses vom User a.k.a 47 auf G-Hots MySpace-Seite: "ich war früher nicht so fan aber jetzt mit Toleranz hast du Eier gezeigt Entschuldige dich auf keinen fall bei diesen schwuchteln nur wenn es um die ganze karriere geht aber wie gesagt nur wenns sein muss". In anderen Foren wird G-Hot nach allen Regeln der Kunst argumentativ vermöbelt. Der Videoclip zum Song wurde vom Videoportal YouTube bereits wieder gelöscht.

Eine Berliner Rapperin hat Strafanzeige gegen G-Hot gestellt - wegen Aufrufs zum Mord von Homosexuellen: "So etwas habe ich bisher noch nicht gehört", sagt sie, die unerkannt bleiben möchte. Bei Textzeilen wie dieser nur allzu verständlich: "Ich gehe mit zehn MGs zum CSD und kämpfe für die Heten, die auf Mädchen stehen."

Und Aggro Berlin? Kündigt seinem türkischstämmigen Nachwuchskünstler einfach die Zusammenarbeit. "Nachdem vor ein paar Tagen der Track ,Keine Toleranz' im Internet erschien, haben wir G-HOT mitgeteilt, dass wir jede weitere Zusammenarbeit ausschließen", heißt es auf der Website. "Die gesamte Aggro Berlin Crew, Künstler und Mitarbeiter, distanzieren sich entschieden von den in jenem Titel geäußerten Ansichten und Äußerungen."

Was ist da los? War die gezielte Provokation für Sidos "Arschficksong" noch das Mittel der Wahl, um die Plattenverkäufe in die Höhe zu treiben, so ist es jetzt die gezielte Mäßigung. Fürchtet Aggro etwa die ewige Pressehölle, in der es wegen des Albums "Neger Neger" seines Rappers B-Tight wieder einmal schmort? "Kein Kommentar" hieß es dazu am Freitag auf Anfrage der SZ.

Gnadenloses Abwatschen

Einer, der das Label und die Rapszene gut kennt, vermutet, "Aggro ist einfach im Mainstream angekommen." Dort funktioniert das gnadenlose Abwatschen von Homosexuellen nicht so reibungslos wie in der Rapszene, in der Homophobie seit jeher zu den Kernkompetenzen fast jeden Rappers gehört: Sei es in Form der Abgrenzung wie bei G-Hot oder Bushido ("Tunten vergasen") oder indem man sich mit Silikonbergen und -hintern umgibt, wie es US-amerikanische Rapper nach wie vor gerne tun.

Für diesen Hass gibt es viele Gründe. G-Hot erweitert das Spektrum um die Schöpfung und die Politik: "Gott schuf Adam und Eva / nicht Adam und Peter / ich glaub' fest daran / ihr lasst euch von Schwulen regieren / was soll noch kommen / was soll in Zukunft passieren?"

Hoffentlich nicht die Seligsprechung des Herrn G-Hot durch Groupies, die sein, wie er schreibt, "quasi schon fertiges erstes Soloalbum" in Massen kaufen. Er muss es nun irgendwie selbst verlegen. Vielleicht ja mit seiner Crew "Suppe inna Puppe". Von der stammt der beeindruckende Song "Mein bester Freund". Darin geht es, wen wundert's, um G-Hots bestes Stück: seinen Penis. Mit dem denkt er nämlich. Anders ist nicht zu erklären, wie er das homophobe "Keine Toleranz" so rechtfertigen konnte: "Die drastische Wortwahl diente einzig und allein der überspitzten Darstellung gängiger Vorurteile und sollte diese so konterkarieren." Im Übrigen sei "Toleranz nicht nur ein Schlagwort", sondern müsse auch gelebt werden.

© SZ vom 16.7.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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