A-capella:Die Stimmenfänger

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"Vokal Total" startet im Spectaculum Mundi

Von Ralf Dombrowski, München

Es wurden viele Sträuße überreicht. Beispielsweise an Sabrina Lorenz, die einst das One World Project als interkulturellen Kinder- und Jugendchor ins Leben gerufen hatte. Inzwischen sind 18 Jahre seit den ersten Tönen vergangen, die Initiative ist erwachsen geworden. Sie habe das Gefühl, meint die Chorleiterin bei einem kurzen Dankeswort, sie könne das Projekt nun in die Welt schicken. Und da tummelt es sich bereits, spätestens, seit es während der vergangenen drei Jahre die ersten Auszeichnungen für seine Lieder und Auftritte erhalten hat. Ein anderer Strauß ging an Romy Schmidt, die als eine der treibenden Kräfte das Spectaculum Mundi prägt, unter anderem mit der A-cappella-Konzertreihe "Vokal Total", die in diesem Herbst in die 21. Runde geht.

"Wir haben einheitlich eine Menge Grund zum Feiern", erzählt die Veranstalterin und Jugendarbeiterin. "Denn in diesem Sommer wurde das Spectaculum Mundi 25 Jahre alt. Nur weil wir im vergangenen Herbst schon so ausführlich das Jubiläum unseres A-cappella-Festivals begangen haben, ist das ein klein wenig untergegangen". Stolz jedenfalls kann sie sein. Denn als sie vor einem Vierteljahrhundert zusammen mit Kollegen wie Stefan Sendsitzky den Theater- und Konzertraum in der Graubündenerstraße 100 in Fürstenried übernahm, war es nicht selbstverständlich, dass Publikum sich auch in die Räume an der kulturellen Peripherie Münchens verirren würde. Wind in die Segel kam, nachdem Romy Schmidt ein Konzert der damals aktiven A-cappella-Combo "Die Buddhas" erlebt hatte und voller Begeisterung beschloss, diese Nische des Konzertbetriebs auch auf ihre Bühne zu holen. Das war der Ursprung von Vokal Total und wurde zu einem zentralen Erkennungsmerkmal des Spectaculum Mundi, das zunächst noch "Backstage" hieß.

Stefan Sendsitzky ist mit rockigeren Ambitionen längst an die Friedenheimer Brücke weitergezogen, seinem alten Team aber weiterhin eng verbunden. Romy Schmid wiederum hat mit Gleichgesinnten Stück für Stück am ursprünglichen Raum weiter gearbeitet, von der technischen Ausstattung bis hin zu Gimmicks wie einem dekorativen Lichtpunkthimmel, für das 2800 Glasfaserfäden per Hand installiert wurden. Und am Programm von Vokal Total: "Ich versuche, möglichst viele Aspekte dieser Musik anzubieten. Jetzt zur Eröffnung standen mit Six Pack grandioser Klamauk und mit dem One World Project eine in dieser Szene eher seltene Verbindung zu Afrika und Weltmusik auf der Bühne. Es kommt aber auch noch Experimentelleres oder Jazziges, bekannte Projekte wie Die Feisten, für die wir einen Teil der Bestuhlung herausnehmen werden, oder wie Rock 4 aus Holland, die ein fantastisches Beatles-Programm mitbringen". Mehrmals zieht das Festival außerdem in das größere Freiheiz um, vor allem für die Entdecker-Abende "a cappella 4" am 18. November und zum Abschluss von "Vokal Total" am 16. Dezember, die jeweils vier Bands am Stück präsentieren.

Das Konzept ist thematisch klar, aber nicht sklavisch eng gefasst. Und so konnte das One World Project, das sich inzwischen Instrumente mit ins Line-up geholt hat, auch als erweiterte Vocal-Band sein Programm "Global Warming" vorstellten. Amira Osmanovic, Preston Jones und Derrick Waluube sangen Lieder gegen Krieg und für Toleranz, gegen Gleichgültigkeit und für das Bewusstsein der menschlichen Gemeinsamkeit. Musikalisch griffen sie in die internationale Stilkiste, integrierten Reggae-Beats und Hip-Hop, Swing und World-Funk in das Band-Update. Sie brauchten einen Weile, bis sie ihren Flow gefunden hatten, auch weil Amira Osmanovic wegen einer Kehlkopfentzündung nur mit gebremster Energie antreten konnte. Aber dann kam es doch, das Gefühl, mit Musik, Worten und Stimmen Menschen bewegen zu können. Mit Lieder wie "Asyl", wo es heißt: "Ich renn' gegen Wände und dann ist es still. Teilbar durch eins sein ist das, was ich will."

© SZ vom 11.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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