Kritik:Tiefe Liebe

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Sabine Meyer spielt Mozarts Klarinettenkonzert

Von Henrik Oerding, München

Es ist, als stünden da zwei Spielerinnen auf dem Podium: Eine, die holzige tiefe Töne wie von einer Bassklarinette erklingen lässt. Und eine, die darauf mit verspielten Linien im hohen Register antwortet. Es war aber kein Duett, dass am Sonntag auf der Bühne der Münchner Philharmonie stand, sondern alleine Sabine Meyer mit ihrer Bassettklarinette, begleitet von der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen unter David Afkham.

Sabine Meyer spielt schon seit einigen Jahren nicht mehr die bekannte Form von Mozarts A-Dur Klarinettenkonzert. Das ist nämlich gar nicht - davon sind viele Musikwissenschaftler und Klarinettisten überzeugt - in der ursprünglich von Mozart komponierten Fassung überliefert. Der Komponist hatte wohl keine "normale" Klarinette, sondern eine Bassettklarinette im Sinn, ein längeres Instrument mit nach unten erweitertem Tonumfang. Inzwischen gibt es zahlreiche rekonstruierte Fassungen, eine davon von Sabine Meyer und ihrem Mann Reiner Wehle.

Das so entstandene Konzert ist ein Erlebnis. Sabine Meyer arbeitet mit dem gewonnenen Tonumfang und lässt einen musikalischen Dialog entstehen, der in der bekannten Version des Konzertes nicht herüberkommt. Meyer bezieht den Körper in ihr Spiel ein, sie tanzt förmlich auf der Bühne. Die Läufe über den gesamten Ambitus des Instruments gelingen ihr makellos, dazu differenziert sie die Dynamiken genau aus. Mit der Deutschen Kammerphilharmonie Bremen hat sie dabei den richtigen Partner an der Seite, das Orchester gerät nie in Gefahr, die Solistin zu übertönen.

Zur Eröffnung mit der Coriolan-Ouvertüre hatten die Bremer Kammermusiker diese Ausgewogenheit noch nicht erreicht, gerade die Hörner begruben an manchen Stellen den Rest des Orchesters unter sich. Insgesamt war die Interpretation aber von einer angenehmen Leichtigkeit: David Afkham horchte den Tuttischlägen nach, ließ das Pizzicato am Ende der Ouvertüre sehr sanft nehmen. Afkham, eigentlich Chefdirigent des spanischen Nationalorchesters, leitete die Kammerphilharmonie mit Verve und großen Gesten - eine Energie, die sich auf die Musiker übertrug.

Das war besonders im zweiten Konzertteil mit Dvořáks siebter Sinfonie zu spüren. Hier war jede Unausgewogenheit vergessen, gleich der Anfang mit Hörnerakkord und Streichermelodie gelang wunderbar zart. So blieb das Orchester stets durchsichtig - eine Zurückhaltung, die Dvořáks Werk gut tut.

© SZ vom 22.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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